Kosmonautin – eine Ankunft

Sonne! Es blendet sie sofort beim unweigerlichen Blick nach oben, entlang der Häuserfassaden, die sich endlos dem Himmel entgegen zu strecken scheinen. Schatten und Licht im Wechsel. Die Anreise anstrengend, Raumanzug und Helm behält sie lieber an, es laufen ihr ungeschützte Wesen vor die Füße. Hektisch und wohl mit einem Ziel im Sinn. Gemalte Fische schwimmen an Hauswänden, ein pinker Baum inmitten der futuristischen Gebäude. Faszinierend.

Soviel hat sich verändert, seit ihrem letzten Besuch hier. Ein kleiner fremder Planet, der zu tagelangen Erkundungstouren einlädt. Durch den Helm des Raumanzuges wirkt jeder Blick an den Rändern verschwommen. Lichter vermehren sich zu kleinen und größeren Formen, ein bisschen wie Disco im Kopf.

… Wie wenig Menschen verstehen überhaupt richtig, zu sehen. Sie gehen durch die Welt mit einem ganz oberflächlichen Blick auf die Dinge, und die Bilder, die ihr Auge aufnimmt, sind so schwach und verschwommen, daß alle Einzelheiten verloren gehen und ihr Geist gar keine kräftigen Eindrücke erhält.

Orison Swett Marden

Zeit! Was für ein schönes Gut hast sie im Gepäck, kann sich den Ausblicken hingeben, die sich in alle Richtungen zu vermehren scheinen. Niemand erkennt sie. Freie Auswahl für eine Woche. Gruppen ziehen vorbei, die tatsächlich einen Plan einhalten werden. Wie schön ist es, einfach nur die Umgebung aufzusaugen und die Stimmung dieses frühen Tages in sich zu spüren. Jeder Augenblick wie ein kleiner kostbarer Diamant am Wegesrand.

Haie schweben über ihrem Kopf, welchen Song sie wohl spielen? Einige der Gebäude erkennt sie wieder, und freut sich darüber, das sie erhalten geblieben sind. Geldrausch der Immobilienhaie abgesagt, zumindest für den Moment.

Andere sind neu, blitzblank geputzt und locken mit Attraktionen, öffnen Konsum und Kommerz bereitwillig Türen und Tore.

Das Surrogat Konsum hält die Illusion der Freiheit aufrecht.

Michael Brombeis

Von einer neuen Insel hat sie gehört, die am Uferkai des Hudson Flusses künstlich errichtet wurde. Neugierig, ob ein solches Wagnis auch künstlerisch ansprechend umgesetzt werden kann, entschließt sie sich zu einem kleinen Abstecher. Immerhin locken dort wieder neue Aussichten und Einsichten.

Hunger kennt man überall – die Tische werden hier reich gedeckt sein, wenn Konto und Geldbörse es hergeben. Speisen, die sie noch nie gekostet hat, aus fernen Ländern von den Menschen mitgebracht. Um der alten Heimat nah zu sein, um Abwechlung auf die Teller der Hunrigen zu bringen. Den Ziegelbau gegenüber nennen sie Chelsea Markt. Hier wurden Oreakekse hergestellt in der damaligen National Biscuit Company. Im Ofen geschmorte Honig-Süßkartoffeln, stundenlang gegartes Fleisch, Fladenbrot, Hummus, scharfe Peperoni … mit Gewürzen verfeinert, dass ihr schon beim Duft der Speisen das Wasser im Mund zusammen läuft. PAUSE!

Entwirf deinen Reiseplan im großen – und laß dich im einzelnen von der bunten Stunde treiben. Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an.

Kurt Tucholsky

Diese Stadt erstaunt sie mit jedem Schritt, immer wenn sie um die nächste Ecken bog. Peking, Shanghai, Hongkong – mitten unter Asiaten, das Gewusel in diesen Straßen, fremde Sprachen, interessante Gerüche. Alle schienen versunken in ihrem Treiben, Tun, Tamtam. Einfach mitschwimmen im Strom der Geschäftigen, der hektischen Jungen und stoischen Alten. Oder in eine Ecke stellen und dem Nachmittagsspektakel in China Town beobachten. Einfach nur sein.

Ihr unbekannte Künstler hinterlassen Spuren an Türen, Wänden, auf allem was sich bemalen oder besprühen lässt.

Langsam neigt sich der Tag dem Ende entgegen, alle zieht es nach Hause oder in die Geschäfte. Nichts ist dieser Stadt fremd. Stille kann nicht erwartet werden. Pausen scheinen weder die Bewohner noch die Besucher zu kennen. Im brasilianischen Café läuft passende Musik, der Inhaber serviert gut gelaunt einen Wachmacher für sie.

Über das berühmte Katz’s Deli stolperte sie quasi. Welch ein schöner Zufall. Seit 135 Jahren wird hier jüdisches Essen serviert. Wie es hier wohl 1888 ausgesehen haben muss? Welche Menschen sich damals das Lokal leisten konnten und ob es heute noch Speisen gibt, die damals serviert wurden? Einmal wenigstens einen Blick ins Schaufenster werfen. Heute gab es keinen freien Platz, sie wird wiederkommen, mit Freunden und dann in großer Runde schmausen, was die Küche hergibt.

Die Jugendlichkeit Amerikas ist seine älteste Tradition. Dreihundert Jahre alt.

Oscar Wilde

Sie mag die blaue Stunde in dieser Stadt, langsam zieht die Nacht heran, die ersten Lichter tauchen alles in ein wärmendes Licht. Auch wenn nicht alle hier ein gemütliches Heim bewohnen dürfen. Auf harten Bänken oder gar dem noch kalten Boden der Straße schlafen sie und wärmen sich manchmal gegenseitig. Das wenige Hab & Gut im Klammergriff beschützend vor einem nächtlichen Raub. Sie sollte sich dringend etwas Kleingeld besorgen.

Die Nacht ist die Königin der Schatten.

Aus dem Senegal

premature flower moon

„Der „Blumenmond“ ist einer der beliebtesten Namen für den Vollmond im Mai. Auf der Nordhalbkugel ist der Mai die Blütezeit vieler Blumen. Begeistert von der Schönheit der blühenden Natur benannten die Ureinwohner Amerikas einen Vollmond nach ihm.“ Quelle: Internet

Die Hänge am Dorfberg warten nicht auf den 23. Mai 2024 – der Klimawandel sorgte schon einen Monat früher für eine Blütenexplosion. Duft, Farbe, Gesumme und Gezwitcher – ein Rausch der Natur und ihrer Kraft. Jedes Jahr aufs Neue. Dank reichlich Regen – ein Fest für die Sinne.

Deine flüchtigen Sekunden Miß mit deines Herzens Schlag! Deine Wahrheit ist dein Tag, Und mit ihm ist sie entschwunden. Antwort forderst du vergebens, Wo kein Puls des Blutes schlägt – Was dein Innerstes bewegt, Ist die Wahrheit deines Lebens.

Unbekannt

Für Demokratie

Zu meiner Schande muss ich eingestehen, dass die letzte Demonstration, an der ich bewusst (nicht zufällig) teilgenommen habe, 1989 war. Damals (noch sehr junge fast 15 Jahre alt) wusste ich, dass es wichtig ist, genau jetzt die anderen Demonstrierenden zu unterstützen. Wenn auch etwas abseits der Massen und mit mulmigen Gefühl im Bauch, standen wir am Rand der Veranstaltung auf dem Neumarkt meiner Heimatstadt. Die Gerüchte über Festnahmen in anderen Städten machten uns Angst. Aber wenn die eigenen Eltern hingehen … und es um die Zukunft geht, war die Angst kleiner als der Mut.

Es gab danach viele Gründe an Demonstrationen teilzunehmen. Gegen Atomkraft, gegen Pegida, für Klimaschutz, für Tierwohl, für Israel, die Liste lässt sich fortführen. Als die Umfragen für Sachsen immer mehr in Richtung „rechts“ zeigten, machte mich das fassungslos. Die Gründe zu verstehen oder die Argumente auszuhalten, die ich lesen konnte oder in Gesprächen hörte, ließen mich oft verzweifeln. Echt jetzt? Warum wollt ihr solchen Menschen eure hart erkämpfte Wahlstimme geben? Freiheit und Demokratie versprechen sie nicht. Abschottung, Ausgrenzung, das hatten wir doch jahrelang. Gegen Pegida zu demonstrieren erwieß sich als sinnlos, wenn man zu weit entfernt lebt. Es blieb also dabei, meine Stimme für Freitheit und Demokratie denen zu geben, denen ich die Wahrung dieser Rechte zutraute. Als Wahlhelfer mitzuhelfen, dass alles seine Richtigkeit hatte. Artikel zu lesen, die alle Seiten beleuchteten. Eine Ausbildung in Interkultureller Kompetenz zu machen, um bessere Argument und Hilfmittel an der Hand zu haben, Menschen davon zu überzeugen, dass es nur Miteinander geht und nicht Gegeneinander. Das Lösungen, die eine Mehrheit überzeugen, gefunden werden können.

Ich verstand aber auch, dass zu wenig zugehört wurde. Sorgen, Ängste, Probleme der Menschen nicht ernst genommen wurden.

Endlich wachen die Menschen im Land auf, es brauchte erst dieses eine Ereignis. Endlich fassen sie Mut und gehen auf die Straße für Freiheit und Demokratie. Endlich auch hier in der „neuen“ Heimat. Überall in Deutschland. So Viele. Mein Herz hüfpt vor Freude. In Herrenberg kommen an diesem Sonntag über 6.000 Menschen zusammen, um ein Zeichen zu setzen, zu zeigen, dass diese Gesellschaft bunt, vielfältig und offen ist. Das wir die Gedanken der Rechten Parteien nicht teilen und sie keine Macht bekommen dürfen.

Es war ein Anfang und ich werde dieses Mal nicht wieder 35 Jahre warten. Am 24.02. gibt es eine große Veranstaltung in Stuttgart, wir sind dabei.

wintersonnenwonne

Wintersonne

Noch ist der Morgen mehr Gefangener der Nacht als Bote des nahenden Tages.

Schweigen umhüllt die Landschaft tief und ruhig im Grau.

Um die träumenden Bäume und ihr Gezweige, die letzten Trotzschatten der Nacht – ein seidener Schleier aus Lila…

Da erhebt die Sonne, selbstverzaubert flimmerndes Orange, Anfangs noch blutleer im Meer der Nebel,

sucht sie dennoch am Himmel ihre Macht über den Tag – und wärmt sich langsam an den Bäumen empor.

Aus dem Reif der Wiesen funkeln Silberfäden überwältigt zu ihr hinauf.

Ihre immer stärker glutende Kraft trägt den Morgen in die Welt und verklärt ihn in einem neuen Licht…

Elmar Kupke

Draußen zwitschert es früh am Morgen, die Vögel im Garten scheinen den Frühling zu riechen oder freuen sich einfach, dass ihnen ein sonniger Tag bevorsteht. Sonn-Tag eben, wie passend.

Die nahen Wege führen direkt in die Natur, hoch hinauf, um den Blick über die weite Landschaft zu öffnen. Nebeldunst hängt noch an den Bergen der Alb. Pure Stille wäre das iTüpfelchen, doch das stete Autobahnrauschen legt einen Grundton unter die Gespräche der Wanderer. Es fühlt sich richtig an, zu gehen.

Das erste zarte Grün bricht aus dem noch leicht gefrorenen Boden, kraftvoll muss es sich wohl dem Licht empor gereckt haben. Irgendwann wird es vielleicht selbst ein stabiler Baum sein, der Schatten spendet und Kraft versprüht. Duftend ohne Wagnis auf Gewinn einfach nur wächst, um Sauerstoff zu produzieren. Und Holz natürlich. Oder einfach nur um schön und wild dazustehen.

Die Sonne küßte seine Zweige,

Ihm wurde wunderlich zu Mut.

Die Winde sagen: Neige, neige,

Neig dich zur Erde, junges Blut.

Er aber bog mit schlichter Geste

Wie hundert Arme sonnenwärts

Die lichtverhärmten nackten Äste

Und zog den Himmel an sein Herz.

Heinrich Leberecht Fleischer

Immer höher geht es hinauf, der Sonne noch ein Stückchen näher sein. Schmale gewundene Treppenstufen führen auf den modernen Turm, der sich ganz sachte bewegt. Das Schwingen der Körper, nicht der Wind, ist dafür heute verantwortlich.

Weit über das Land reicht der Blick, die Stadt liegt zu Füßen, die Dörfer darum trappiert wie eine Perlenkette.

So friedlich, als könnten einfach alle Sorgen, Nöte, Ängste und Ahnungen wie Konfetti in alle Himmelsrichtungen gestreut werden. Davonfliegen, sich auflösen. Sich ein paar Minuten trösten am Glück des Tages, der Gemeinschaft, dem Lachen und der Freude.

Was kalt und still gefroren ist, besitzt den Reiz der Ruhe, verbirgt den Zustand des Wahren, und ist Herausforderung an unser Licht.

Eberhard Schuy