Kosmonautin – Zwischenstationen

Die Realität ist die härteste Droge.

– Unbekannt –

Ein seltsamer Geruch umweht ihre Nase beim Verlassen der Unterkunft, erdig, holzig, wie verbrannte Pflanzen. Fast in jeder Straße zieht sich dieser Duft durch die riesige Stadt. Die Menschen hier scheinen es zu mögen, diese Papierrollen abzubrennen und den Qualm einzuatmen. In den unzähligen Smoke Shops kann sich jeder seine Sorte kaufen, die ihn in einen entspannten Zustand versetzen soll. Merkwürdig findet sie das, Menschen mit ihren Hunden sieht sie dort sitzen und schon am frühen Morgen rauchend. Aber wahrscheinlich hat jeder seine Art von Drogen, die er täglich braucht: Kaffee, Süßes, Alkohol, Bücher, Liebe …

Im Gewusel der Menschen und Fahrzeuge bahnt sie sich den Weg, bleibt immer wieder stehen und versucht die Momente festzuhalten, von denen sie später erzählen kann. Vom Sonnenlicht, das früh am Morgen nur die Spitzen der höhen Gebäude zum Strahlen bringt, von den kleinen privaten Shows in den Subway Stationen, die die Herzen der Vorbeiziehenden oft nur für ein oder zwei Minuten erwärmen.

Von den Lichtern am Abend, die alles wie auf einem Rummelplatz erleuchten. Den kleinen zwei oder vierbeinigen Wesen, die all dieses Spektakel nur von ganz unten bestaunen können. Es ist wie eine Theaterkulisse, die an jeder Straßenkreuzung eine neue Vorstellung bietet. Sie nimmt sich die Zeit und saugt jeden Moment auf. Die Geräusche und Gerüche müsste sie konservieren können. Alle ihre Sinne sind in diesen Momenten weit geöffnet.

Jazz ist das Ergebnis der Energie, die in Amerika gespeichert ist.

George Gershwin

Eine Nacht mit Jazz und Freunden. Sehr zu empfehlen im dieser Stadt voller Möglichkeiten, sich der Kultur und Kunst hinzugeben. Der kommende Tag wirft sich mit allem was er zu bieten hat vor ihre Füße – Licht wie aus einem Disneyfilm, Wind wie Bergluft, Sonne für ein warmes Herz.

Noch einmal nimmt sie die Subway in Richtung Brooklyn, streift durch die Straßen dieses Stadtteils. Trifft auf interessante Menschen, die sie wahrscheinlich nie wiedersehen wird. Flüchtige Begegnungen, für Freundschaften braucht es auch in dieser Stadt mehr Zeit.

Den Raben verzeiht, die Tauben plagt die Kritik.

Juvenal (58 – 140)

Gegen die Kälte des Windes, der unerbitterlich hinter jeder Straßenecke lauert, hilft ein heißer Kaffee und zur Stärkung eine Quiche mit Gemüse. Den Namen des kleinen mit vielen Pflanzen dekorierten Cafés hat sie vergessen. Am Fenster kann sie die vorbeilaufenden Menschen beobachten, die oft allein unterwegs sind. Versunken in Gedanken oder eilend dem Feierabend im gemütlichen Zuhause entgegen schreiten. Einige haben sich Weihnachtsdeko auf ihren Köpfen drapiert und scheinen die nächtse Bar oder Weihnachtsparty anzusteuern. Auf dem Weg zur Metrostation schwillt der Verkehr wieder an. Sie hat noch Blicke für die kleinen Dinge der Straße.

In Downtown glitzern die unzähligen Lichter der baldigen Dunkelheit entgegen, jeden gibt es Abend diese Show, der niemand entkommt. Aus dem Augenwinkel wird sie auf Puppen in extrawaganten Kostümen aufmerksam. Als sie ihre Nase und Kamera an die Scheiben des Gebäudes drückt, wird sie von einer Frau ins Gebäude gewunken. Die Kreationen sind die Abschlußarbeiten der Designschüler des FIT (Museum at the Fashion Institut of Technology). Es gefällt ihr sehr, was dort gezeigt wird, Kretivität und Mut für Außergewöhnliches. Mode für einen anderen Stern. Sie sollte etwas davon für ihre Freunde Zuhause mitnehmen.

Wer weiß schon

Da also wohnen wir

Am Rand der Milchstraße

Galaktische Provinz

Ausgestoßen und

hingewürfelt

Wer weiß schon daß es uns gibt!

Manfred Poisel

auf manuell

Wenn der Liebste einfach entscheidet, jetzt oder nie; ihr den letzten Tag vor der Abfahrt im zauberhafte französische Städtchen Lille landet; es dort einen Leica Store gibt; der eine gebrauchte M10 vorrätig hat; ihr sie ausgiebig testet und das Sparbuch plündert; — dann ist es Liebe. Zum Liebsten und zur Kamera. Die manuellen Spiele mögen beginnen – Stuttgart Fototreffen der 0711-Gruppe und ein Streifzug im und um das Züblin für den Beginn.

reflection

rush hour

play

Man trägt doch eine eigentümliche Kamera im Kopfe, in die sich manche Bilder so tief und deutlich einätzen, während andere keine Spur zurücklassen.

Bertha von Suttner

Das Züblin bietet seit den 60er Jahren Platz für Fahrzeuge, deren Besitzer in der Innenstadt bummeln wollen. Außergewöhnlich sind die wechselnden Kunstaktionen, die immer wieder meine Aufmerksamkeit haben. Momentan ist dort gerade zeitgenössische Fotografie aus der Serie „FUMES AND PERFUMES“ zu sehen. Wer sich Zeit nimmt kann auf den vielen Etagen ganz besondere Schätze finden. Im Laufe der Ausstellung wurden diese teilweise schon von anderen „Künstlern“ verändert. Ob es die letzte Ausstellung sein wird, zeigt die nahe Zukunft. Das ganze Quartier soll umgestaltet werden, auch für das Züblin gibt es andere Pläne. https://www.fumesandperfumes.de

totally in love

Ich muss gestehen, viele Viertel in Stuttgart kenne ich nicht. Vielleicht sollte ich das endlich ändern.

Arielle

concealment

Stadt, Land, Meer

Der Wind bläst, wo er will.

Aus Belgien

Belgien, du schönes, interessantes und jetzt nicht mehr unbekanntes Land. Eine zweite Reise, sieben Tage, 70 km Strand, das Meer und fassettenreiche Naturschauspiele … mehr brauchte es nicht, um auf neue Gedanken zu kommen, alte loszulassen, sich treiben zu lassen … den Wind, das Salz, die Frische zu spüren mit allen Fasern des Körpers.

Wo sprudeln dir frischer die Quellen des Lebens als auf Reisen, wenn im Bilderstrom der Welt du selig dahintreibst.

Carl Peter Fröhling

Gent, du Bunte, voller Gelassenheit und trotzdem quirlige Stadt. Außer Konkurrenz zu Brüssel und Antwerpen versprühst du einen Charme, dem es zu erliegen gilt. Beim Schlendern durch deine Gassen, entlang dem Kanal der Leie, über alte und neue Brücken, vorbei an zauberhaften Läden, wie aus einer vergangenen Zeit gefallen. Einer davon hatte sehr besondere Tapetenmuster ausgestellt. Wie lange hatte ich so etwas schon nicht mehr gesehen? Zwischen frischen Waffeln, Crepés, belgischen Frites, feinster Schokolade und Pattiserie fiel die Auswahl nicht schwer. Am besten alles probieren. Hier lässt es sich nicht nur gut leben, auch studieren … was der Stadt ein jugendliches Flair verleiht.

Zusammengedrängt sind die Stunden der Muße, wild sind Wunsch und Sehnsucht nach mehr, das Innere verhüllt und verborgen, das Leben kurz und leer.

Christoph Matthes

Die Küste bietet viel Platz – auch und gerade für Kunst. Die Beaufort 24 ist eine öffentliche Kunstausstellung, die jeder Besucher kostenlos besichtigen kann, mit dem Rad, zu Fuß oder der Straßenbahn (Line), die entlang der gesamten Küste verkehrt. In diesem Jahr sind 42 neue Kunstwerke verstreut in den Küstenorten dazugekommen. Alle drei Jahre wird die Ausstellung, die es seit 2003 gibt, erweitert. In Laufdistanz zu unserer Unterkunft stand das Betonmomument „All The Words In The World“, des argentinischen Künstlers Jorge Macchi, welches er in digitaler Zusammenarbeit mit Studenten des VTI Brügge realisierte.

Jan Fabre erschuf die goldene Riesenschildkröte, die schon seit 2003 in Nieuwpoort bestaunt werden kann. „Auf der Suche nach Utopia“ ist der goldene Mann umringt von Apartmenthäusern vermutlich ohne Erfolg auf dieser Reise.

Mich faszinieren die kleinen unscheinbaren „Kunstwerke“, die oft zufällig und unbewusst entstehen. Man muss sie nur finden.

Dunkerque, das Grauen der Kriegsschlachten an deiner Küste erschreckt noch immer. Doch die Malerei erhält ihre Rechte zurück. Die mit Sprühdosen und Schablonen verzierten Bunkeranlagen der Deutschen werden wohl noch viele Jahre von diesen schrecklichen Ereignissen zeugen können. Mit eigenen Augen wollte ich es sehen, mit meinen Händen berühren. Auch Bilder können die Gefühle der damals Beteiligten nicht beschreiben, aber sie helfen vielleicht, zu zeigen, dass Krieg nie eine Lösung ist und der Mensch seine Energie und die Ressourcen der Natur viel sinnvoller einsetzten sollte.

Es wird mir leicht, Dinge für richtig zu halten, die mir fremd sind. Deshalb, weil etwas für mich gilt, fordere ich doch nicht, daß sich jeder danach richte. Es leuchtet mir ein, daß es tausend verschiedene Arten der Lebensgestaltung gibt; im Gegensatz zur üblichen Ansicht scheint es mir näherliegend, daß wir Menschen alle verschieden sind, als daß wir alle gleich sind.

Michel de Montaigne

Lille, du französische Charmeurin! Unwiderstehlich verschlingst du einen mit Haut und Haaren. Selbst Regenwetter kann dir nichts anhaben, das strahlst du einfach mit deiner friedlich feinen Idylle weg. An jeder Ecke ein stilvolles Café mit Kreationen feinster Süßwaren. Museen, Theater, Kinos … ich möchte einfach ein ganzes Jahr hier bleiben, um einen intensiven Eindruck von dir zu bekommen. Deine viele kleinen Schätze finden, die sich hinter jeder Ecke verstecken. Die Sprache lernen, die Menschen kennenlernen, ihre Geschichten erfahren, ein Teil ihres Lebens werden. Ein perfektes Geschenk hast du mir mitgegeben, die gebrauchte neue Kamera wird mich immer an dich erinnern und daran eines Tages wiederzukommen.

Eine Seele ohne Gedanken muß, wie ein Gebäude ohne Einwohner, bald in Verfall geraten.

Edward Young

Und dann sind da diese kleinen feinen Irritationen zwischen den neu hergerichteten Fassaden, die auf den Ansturm der Sommerfrischler warten. Zeichen der Vergangenheit. Ich mag sie gerne und wünsche mir, dass sie nicht komplett dem Verfall preisgegeben sondern erhalten werden. Zu retten, was zu retten ist – ein hehres Ziel für die kommenden Geneartionen.

Meine Großzügigkeit ist so grenzenlos wie das Meer. Meine Liebe ist so tief: je mehr ich Dir gebe, desto mehr habe ich, denn beides ist unendlich.

William Shakespeare