auf manuell

Wenn der Liebste einfach entscheidet, jetzt oder nie; ihr den letzten Tag vor der Abfahrt im zauberhafte französische Städtchen Lille landet; es dort einen Leica Store gibt; der eine gebrauchte M10 vorrätig hat; ihr sie ausgiebig testet und das Sparbuch plündert; — dann ist es Liebe. Zum Liebsten und zur Kamera. Die manuellen Spiele mögen beginnen – Stuttgart Fototreffen der 0711-Gruppe und ein Streifzug im und um das Züblin für den Beginn.

reflection

rush hour

play

Man trägt doch eine eigentümliche Kamera im Kopfe, in die sich manche Bilder so tief und deutlich einätzen, während andere keine Spur zurücklassen.

Bertha von Suttner

Das Züblin bietet seit den 60er Jahren Platz für Fahrzeuge, deren Besitzer in der Innenstadt bummeln wollen. Außergewöhnlich sind die wechselnden Kunstaktionen, die immer wieder meine Aufmerksamkeit haben. Momentan ist dort gerade zeitgenössische Fotografie aus der Serie „FUMES AND PERFUMES“ zu sehen. Wer sich Zeit nimmt kann auf den vielen Etagen ganz besondere Schätze finden. Im Laufe der Ausstellung wurden diese teilweise schon von anderen „Künstlern“ verändert. Ob es die letzte Ausstellung sein wird, zeigt die nahe Zukunft. Das ganze Quartier soll umgestaltet werden, auch für das Züblin gibt es andere Pläne. https://www.fumesandperfumes.de

totally in love

Ich muss gestehen, viele Viertel in Stuttgart kenne ich nicht. Vielleicht sollte ich das endlich ändern.

Arielle

concealment

Stadt, Land, Meer

Der Wind bläst, wo er will.

Aus Belgien

Belgien, du schönes, interessantes und jetzt nicht mehr unbekanntes Land. Eine zweite Reise, sieben Tage, 70 km Strand, das Meer und fassettenreiche Naturschauspiele … mehr brauchte es nicht, um auf neue Gedanken zu kommen, alte loszulassen, sich treiben zu lassen … den Wind, das Salz, die Frische zu spüren mit allen Fasern des Körpers.

Wo sprudeln dir frischer die Quellen des Lebens als auf Reisen, wenn im Bilderstrom der Welt du selig dahintreibst.

Carl Peter Fröhling

Gent, du Bunte, voller Gelassenheit und trotzdem quirlige Stadt. Außer Konkurrenz zu Brüssel und Antwerpen versprühst du einen Charme, dem es zu erliegen gilt. Beim Schlendern durch deine Gassen, entlang dem Kanal der Leie, über alte und neue Brücken, vorbei an zauberhaften Läden, wie aus einer vergangenen Zeit gefallen. Einer davon hatte sehr besondere Tapetenmuster ausgestellt. Wie lange hatte ich so etwas schon nicht mehr gesehen? Zwischen frischen Waffeln, Crepés, belgischen Frites, feinster Schokolade und Pattiserie fiel die Auswahl nicht schwer. Am besten alles probieren. Hier lässt es sich nicht nur gut leben, auch studieren … was der Stadt ein jugendliches Flair verleiht.

Zusammengedrängt sind die Stunden der Muße, wild sind Wunsch und Sehnsucht nach mehr, das Innere verhüllt und verborgen, das Leben kurz und leer.

Christoph Matthes

Die Küste bietet viel Platz – auch und gerade für Kunst. Die Beaufort 24 ist eine öffentliche Kunstausstellung, die jeder Besucher kostenlos besichtigen kann, mit dem Rad, zu Fuß oder der Straßenbahn (Line), die entlang der gesamten Küste verkehrt. In diesem Jahr sind 42 neue Kunstwerke verstreut in den Küstenorten dazugekommen. Alle drei Jahre wird die Ausstellung, die es seit 2003 gibt, erweitert. In Laufdistanz zu unserer Unterkunft stand das Betonmomument „All The Words In The World“, des argentinischen Künstlers Jorge Macchi, welches er in digitaler Zusammenarbeit mit Studenten des VTI Brügge realisierte.

Jan Fabre erschuf die goldene Riesenschildkröte, die schon seit 2003 in Nieuwpoort bestaunt werden kann. „Auf der Suche nach Utopia“ ist der goldene Mann umringt von Apartmenthäusern vermutlich ohne Erfolg auf dieser Reise.

Mich faszinieren die kleinen unscheinbaren „Kunstwerke“, die oft zufällig und unbewusst entstehen. Man muss sie nur finden.

Dunkerque, das Grauen der Kriegsschlachten an deiner Küste erschreckt noch immer. Doch die Malerei erhält ihre Rechte zurück. Die mit Sprühdosen und Schablonen verzierten Bunkeranlagen der Deutschen werden wohl noch viele Jahre von diesen schrecklichen Ereignissen zeugen können. Mit eigenen Augen wollte ich es sehen, mit meinen Händen berühren. Auch Bilder können die Gefühle der damals Beteiligten nicht beschreiben, aber sie helfen vielleicht, zu zeigen, dass Krieg nie eine Lösung ist und der Mensch seine Energie und die Ressourcen der Natur viel sinnvoller einsetzten sollte.

Es wird mir leicht, Dinge für richtig zu halten, die mir fremd sind. Deshalb, weil etwas für mich gilt, fordere ich doch nicht, daß sich jeder danach richte. Es leuchtet mir ein, daß es tausend verschiedene Arten der Lebensgestaltung gibt; im Gegensatz zur üblichen Ansicht scheint es mir näherliegend, daß wir Menschen alle verschieden sind, als daß wir alle gleich sind.

Michel de Montaigne

Lille, du französische Charmeurin! Unwiderstehlich verschlingst du einen mit Haut und Haaren. Selbst Regenwetter kann dir nichts anhaben, das strahlst du einfach mit deiner friedlich feinen Idylle weg. An jeder Ecke ein stilvolles Café mit Kreationen feinster Süßwaren. Museen, Theater, Kinos … ich möchte einfach ein ganzes Jahr hier bleiben, um einen intensiven Eindruck von dir zu bekommen. Deine viele kleinen Schätze finden, die sich hinter jeder Ecke verstecken. Die Sprache lernen, die Menschen kennenlernen, ihre Geschichten erfahren, ein Teil ihres Lebens werden. Ein perfektes Geschenk hast du mir mitgegeben, die gebrauchte neue Kamera wird mich immer an dich erinnern und daran eines Tages wiederzukommen.

Eine Seele ohne Gedanken muß, wie ein Gebäude ohne Einwohner, bald in Verfall geraten.

Edward Young

Und dann sind da diese kleinen feinen Irritationen zwischen den neu hergerichteten Fassaden, die auf den Ansturm der Sommerfrischler warten. Zeichen der Vergangenheit. Ich mag sie gerne und wünsche mir, dass sie nicht komplett dem Verfall preisgegeben sondern erhalten werden. Zu retten, was zu retten ist – ein hehres Ziel für die kommenden Geneartionen.

Meine Großzügigkeit ist so grenzenlos wie das Meer. Meine Liebe ist so tief: je mehr ich Dir gebe, desto mehr habe ich, denn beides ist unendlich.

William Shakespeare

Docu(menta) 15th

Himmelssturm und Erdenflut
tun dem Menschen selten gut …

Willy Meurer

Am Kasseler Himmelsstürmer kommt keiner vorbei, der sich die Documenta anschaut. Er steht am „alten“ Bahnhof, in dem zwar keine Fernzüge mehr ankommen, aber mittiger liegt als der „neue“. Die Ausstellung besuchte ich ziemlich am Ende in diesem Jahr und so ist die Kritik, Aufregung und der Abbau des zentralen Kunstwerkes nicht spurlos an mir vorbei gegangen. Zum Glück hatte ich Miriam an meiner Seite, die quasi verschmolzen und verwoben mit der Documenta ist und die Letzten auch schon alle gesehen hat. Sie führte mich an diesen beiden Tagen kompetenter als die offiziell gebuchte Studentin (die durch eine Ausstellungshalle führte). Zeigte mir die spannenden Orte, Werke und Plätze, wusste Hintergrund und Diskussionsstoff, kannte Blickwinkel und Meinungen, die nur mit viel Lesestudium erfahrbar geworden wäre. DANKE an dieser Stelle.

Prinzessin und Flaschensammler im nachhaltigen Verkehrschaos.
Systemfehler? Dann bitte den Eingang um die Ecke nehmen.
Ruruhaus – die Dokumentazentrale

Ja, es war eine andere Documenta in diesem Jahr. Sie wollte wie die anderen davor aber auch mit Kunst zum Nachdenken anregen. Kritisch sein, wachrütteln, anecken, die Welt verbinden und zum Mitmachen einladen.

Einige Werke erklären sich selbst, bei anderen erschließt sich der Gedanke erst mit Erkärung. Am Ende muss jeder für sich selbst herausfinden, wie er das Gesehene und Erfahrene einordet.

Live Performance zeigt die steigenden Schulden der autralischen Regierung an die Aborigines seit der Enteignung.
Botschaft der Aborigines
Hinter dem Vorhang

Die Chancen-Ungleichheit beginnt schon mit der Geburt.

Helmut Glaßl
Wunderbar Wunderkamera Wunderkind Wunschschön
Buntes Publikum zwischen Wunschzelt und Kohlewürfel
Zensur

Beeindruckend fand ich wieder einmal, mit welchen Stilmitteln die Künstler arbeiteten, Schrift, Bild, Film, Ton, Theater, Skulptur, Objekt, Druck, Mitmachprogrammen. Und welche einfachen Utensielen benutzt wurden. Die Documenta ist nachhaltiger geworden, nicht nur bei den Kunstwerken selbst, sondern auch mit dem DrumHerum. Möbel und Ausstellungseinrichtungen wurden so gewählt, dass sie bereits vorher im Einsatz waren (Stühle, Steine, Tische … und / oder danach weiter verwendet werden können. Ein großer Pluspunkt in meinen Augen.

Messer Installation
Nicht den Durchblick verlieren
Haarprächtig

Die große Vielfalt der Documenta war bedingt durch das riesige Künstlerkollekiv, welches sogar wechselnd während der Documenta ausstellte. Themen gab es in großere Auswahl: Umweltproblematik, Ausgrenzung, Migration, Armut, Rassismus, Krieg, Vertreibung, Diskriminierung, Kirchenkritik – eine Aufschrei aus allen Richtungen.

Leider fehlten mir die Lösungen oder wenigstens konsturktive Vorschläge. Ich finde gerade die KUNST sollte jetzt aufwachen und nicht nur mit dem erhobenen Zeigefinger auf die Mißstände hinweisen, die doch allen bereits bekannt sind. Wo sind die Utopien, wie eine Welt von morgen aussehen könnte? Wo ist die Hoffnung, die uns alle daran glauben lässt, dass es möglich ist, eine gerechter Welt zu gestalten?

Fossil und Floral – beides Natur, wir entscheiden selbst, was genutzt werden sollte.
Jugend mittendrin – Kunst braucht Leben, Leben braucht Kunst
Wunsch und Wirklichkeit

Und ich finde es sehr schade, dass diese Diskussion nicht oder nicht mehr geführt wurde. Eine Chance, die vertan wurde. Nicht nur einige der Künstler haben Kassel wahrscheinlich unbefriedigt verlassen, auch für die Besucher ergab sich ein wohl ganz anderes Bild, als es von den Kurratoren geplant war.

Marionettentheater
Videoinstallation
Theater-Hund
Mittagspause

Es gab sehr viele Workshops, Veranstaltungen, Konzerte und Diskussionsrunden auf der Documenta. Dazu sollte man sich dann eine ganze Woche Zeit nehmen, um wenigstens die eine oder andere davon besuchen zu können. Oder nach Kassel ziehen und das Abo für die gesamte Zeit nutzen. ;-)

Am Komposthaufen Schönes entdecken.

Nur der Mensch ist der Dokumentation fähig!

Friedrich Löchner

LUMBUNG muss weitergehen!

„Lumbung ist das indonesische Wort für eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune, in der die überschüssige Ernte zum Wohle der Gemeinschaft gelagert wird.“ Lumbung kann aber auch noch weitere Bedeutungen haben:

  • Freundschaft
  • gut zusammen-arbeiten
  • Sachen miteinander teilen
  • sich gut um alle Menschen in der Gruppe kümmern

Eine kritsche Auseinandersetzung findet sich unter anderem hier:

https://www.monopol-magazin.de/freunde-und-freunde-von-freunden

und hier:

https://www.deutschlandfunk.de/schafstallgebloeke-der-kulturalisten-bazon-brock-ueber-die-documenta-dlf-c316cef2-100.html

Podcasts zum Thema:

Neuland betreten

Leere Räume, selten zu sehen, schwer zu finden, himmlisch, diese Ruhe, Klarheit, einfach Nichts. Ich sollte mich hinsetzten und einfach nur versinken darin. Die Gedanken werden in solchen Räumen nicht unbedingt ruhiger. Eben weil es keine Ablenkungen gibt, es einen eben gerade deshalb sogar aufgewühlt. Aber es fällt leichter, sich auf das Wenige im Raum zu konzentrieren. Das Licht, die Stille, die Oberflächen – kahle Wände bedeuten nicht, dass sie keine Geschichten zu erzählen hätten. Die Sonne schickt Strahlen herein, gebrochen an den Ecken und Kanten der Fenster, den Gardinen, den Wänden. Auf dem Boden sind Spiegel angebracht. Zum hineinblicken und sich finden. Oder um andere neue Perspektiven zu entdecken. Die ausgestellte Kunst wurde für mich zweitrangig an diesem Ort. Wie gerne hätte ich hier eine menschliche Serie fotografiert. Nur heimlich erlaubte ich mir zwei Aufnahmen, die am Ende zu einem Bild verschmolzen.

Neue Wege suchen

Es gibt ein Bleiben im Gehen,
ein Gewinnen im Verlieren,
im Ende einen Neuanfang.

Aus Japan
Geistesblitz
Spiegel der Erkenntnis?
Spiegel ohne Inhalt
Darbietungen im Raum
Verführendes Licht

Wir werden bald selbst neue Wege beschreiten, Neuland betreten, Abschiede feiern und hoffentlich warm aufgenommen werden am neuen Ort. Ein Wagnis, das unsere Gedanken, Gespräche und Nächte beeinflusste. Ein Risiko, dem wir uns stellen, ein Glück, diese Chance noch einmal im Leben zu bekommen. Spannende und aufregende Stunden, Tage und Wochen liegen jetzt vor uns, bis auch wir den leeren Räumen im Haus ein letztes Adieu zuraunen werden und ein neues Kapitel in unerer Lebenrolle beginnt.

Blaudruck
Kunst am Bau
Die Zukunft liegt ostwärts.