wintersonnenwonne

Wintersonne

Noch ist der Morgen mehr Gefangener der Nacht als Bote des nahenden Tages.

Schweigen umhüllt die Landschaft tief und ruhig im Grau.

Um die träumenden Bäume und ihr Gezweige, die letzten Trotzschatten der Nacht – ein seidener Schleier aus Lila…

Da erhebt die Sonne, selbstverzaubert flimmerndes Orange, Anfangs noch blutleer im Meer der Nebel,

sucht sie dennoch am Himmel ihre Macht über den Tag – und wärmt sich langsam an den Bäumen empor.

Aus dem Reif der Wiesen funkeln Silberfäden überwältigt zu ihr hinauf.

Ihre immer stärker glutende Kraft trägt den Morgen in die Welt und verklärt ihn in einem neuen Licht…

Elmar Kupke

Draußen zwitschert es früh am Morgen, die Vögel im Garten scheinen den Frühling zu riechen oder freuen sich einfach, dass ihnen ein sonniger Tag bevorsteht. Sonn-Tag eben, wie passend.

Die nahen Wege führen direkt in die Natur, hoch hinauf, um den Blick über die weite Landschaft zu öffnen. Nebeldunst hängt noch an den Bergen der Alb. Pure Stille wäre das iTüpfelchen, doch das stete Autobahnrauschen legt einen Grundton unter die Gespräche der Wanderer. Es fühlt sich richtig an, zu gehen.

Das erste zarte Grün bricht aus dem noch leicht gefrorenen Boden, kraftvoll muss es sich wohl dem Licht empor gereckt haben. Irgendwann wird es vielleicht selbst ein stabiler Baum sein, der Schatten spendet und Kraft versprüht. Duftend ohne Wagnis auf Gewinn einfach nur wächst, um Sauerstoff zu produzieren. Und Holz natürlich. Oder einfach nur um schön und wild dazustehen.

Die Sonne küßte seine Zweige,

Ihm wurde wunderlich zu Mut.

Die Winde sagen: Neige, neige,

Neig dich zur Erde, junges Blut.

Er aber bog mit schlichter Geste

Wie hundert Arme sonnenwärts

Die lichtverhärmten nackten Äste

Und zog den Himmel an sein Herz.

Heinrich Leberecht Fleischer

Immer höher geht es hinauf, der Sonne noch ein Stückchen näher sein. Schmale gewundene Treppenstufen führen auf den modernen Turm, der sich ganz sachte bewegt. Das Schwingen der Körper, nicht der Wind, ist dafür heute verantwortlich.

Weit über das Land reicht der Blick, die Stadt liegt zu Füßen, die Dörfer darum trappiert wie eine Perlenkette.

So friedlich, als könnten einfach alle Sorgen, Nöte, Ängste und Ahnungen wie Konfetti in alle Himmelsrichtungen gestreut werden. Davonfliegen, sich auflösen. Sich ein paar Minuten trösten am Glück des Tages, der Gemeinschaft, dem Lachen und der Freude.

Was kalt und still gefroren ist, besitzt den Reiz der Ruhe, verbirgt den Zustand des Wahren, und ist Herausforderung an unser Licht.

Eberhard Schuy