A06 – Schrott oder Kunst

Autofriedhof Ryd

Åke Danielsson wurde 1914 geboren und scheint ein Autofan gewesen zu sein, zumindest was das Verschrotten und Verwerten von vierrädrigen Vehikeln angeht. Zunächst interessierte ihn allerdings der Torf in dem Moor-Wald nahe der Gemeinde Ryd. Er baute sich eine Hütte und verkaufte den Torf. Irgendwann muss er eines der Autos am Straßenrand entdeckt haben, absichtlich vom Besitzer in der einsamen Gegend abgestellt. Schrott in den Wäldern zu entsorgen war ja schon immer eine beliebte Sache gewisser Menschen. Er schaffte das Auto auf sein Grundstück und verdiente sich mit Ersatzteilen ein Zubrot.

Schnell sprach es sich herum, dass der Einsiedler die alten Wagen kostenfrei entsorgte und so fand Åke immer weitere, abgestellte Fahrzeuge an den umliegenden Straßen, die sein Grundstück mit den Jahren füllten. Bis in die späten 80er Jahre erlaubte man ihm sein Geschäft dort, denn gab es Umweltauflagen, es durften keine weiteren Autos dort gelagert werden und 1992 zog er schließlich in ein Altersheim.

Gegen die Räumung und Sanierung des Geländes regte sich angesichts der Masse an historischen Fahrzeugen Widerstand. Die Regierung stellte schließlich den Platz unter Schutz und so kann heute jeder Interessierte einen Blick in die Vergangenheit werfen.

Leider ziehen solche verlassenen Orte nicht nur Liebhaber alter Autos, Fotografen oder Historiker an, Vandalismus machte sich schnell breit. Fast keines der Fahrzeuge hat noch Interieur oder Sitze, Lampen, Scheiben, Blinker … alles Abbaubare wurde entwendet, Graffiti gesprüht oder auf den Dächern herum getrampelt. Ein bisschen tun einem die Autos dort in gewisser Weise leid. Ein langsamer Tod, allerdings an einem friedlichen Ort.

Åke starb im Jahr 2000, wahrscheinlich war er nicht mehr auf seinem Grundstück und hat diesen Niedergang vielleicht nur vom Hörensagen erfahren. Sein mit eigenen Händen erbautes Haus wird wohl irgendwann der Sturm oder Schnee umwerfen. Die Fahrzeuge noch ein paar Jahrzehnte vor sich hin verrotten. Vielleicht werden sie auch noch weggeräumt und die Natur gewinnt – wie immer.

Wer Autos sät, wird Schrott ernten.

© Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger

https://goo.gl/maps/KUs5MRVJhE7zErrg8

Wer selbst diesen unwirklichen Ort besuchen möchte, er ist nicht schwer zu finden in Südschweden. Die Umgebung des Åsnen Nationalpark bietet eine ansonsten sehr intakte und zauberhafte Natur.

A05 – Ruhepole

Växjö & Åsnen Nationalpark

Abendfriede

Schwebe, Mond, im tiefen Blau
Ueber Bergeshöhn,
Sprudle Wasser, blinke Thau . . .
Nacht, wie bist du schön!

Spiegle, See, den reinen Strahl;
Friede athmend lind
Durch das wiesenhelle Thal
Walle, weicher Wind!

Wie durch einen Zauberschlag
Bin ich umgestimmt
Von Gedanken, die der Tag
Bringt und wieder nimmt.

Daß es auch ein Sterben gibt,
Fühl‘ ich ohne Schmerz,
Was ich liebe, was micht liebt,
Geht mir still durchs Herz.

Ludwig Eichrodt
(1827 – 1892)

Es ist so eine Sache mit der Ruhe, nach der laut Medienberichten jeder gestresste Mensch der Moderne zu suchen scheint. Ich nehme mich da nicht aus, dass es mir ab und zu ebenfalls zu laut ist und ich Stille eine Weile sehr gut aushalten kann. Wo findet man die absolute Stille heute noch? Tief im Wald, mitten auf dem Ozean, in der Wüste, in den Bergen – abseits jeglicher Zivilisation. Kirchen fallen mir noch ein, leere Kirchen, kleine Dorfkirchen, die tagsüber oft leer sind und einen wahren Ruhepool bilden. Der Dom zu Växjö ist schon größer und wohl eher selten leer, dafür sehr schön mit seiner modernen Innengestaltung. Der Glaskünstler Bertil Vallien schuf den außergewöhnlichen Altar und zieht damit Kunstinteressierte aus nah und fern an. Trotz des Trubels und des hellen Lichts im Innenraum saß dort ein schlafender Mann auf einer der Bänke, wie Jesus schien er am Kreuz zu hängen und ihn störte es nicht, das immer wieder Menschen an ihm vorbeizogen. Wir entdeckten zwei Koffer zu seinen Füßen, es schien als ist er fündig geworden nach einem friedlichen und ruhigen Platz für ein Schläfchen, bevor er sich wieder dem harten Leben auf der Straße stellen muss.

Rot trifft Grün
Altar aus Glas
Schlafplatz
Växjö

Vielleicht würde der Naturcampingplatz im Åsnen Nationalpark auch ein Ruhepool für uns sein. Er liegt mitten im Wald an einer kleinen Badestelle des durch tausende Inseln durchtrennten Sees. Es gibt weder Strom noch Beleuchtung, kaltes Wasser, zwei Toiletten und eine Spülstelle. Etwa 500 Meter entfernt kann auch geduscht werden (warm). Die große Lichtung bietet Platz für genügend Naturliebhaber, Wassersportler, Hunde und Sterngucker. Magisch zieht einen der Blick über den See in seinen Bann, der Puls wird schlagartig langsamer. Man lässt sich einfangen von dieser bezaubernden Stimmung irgendwo in Südschweden. Es braucht nicht viel für puren Genuss, das einzige was fehlte war die Milch, denn wer nicht Mjölk kauft der erwischt schnell Kefir, der hier in Milchpackungen im Regal steht. Die netten Nachbarn helfen aus und bereiten schon das Lagerfeuer gegen die Mücken vor. Die schwirren im Abendlich aber lieber über dem Wasser als sich an uns Menschen zu laben. Wolkenlos ist der Himmel, perfekt für eine Sternschnuppenjagd in der nachtdunklen Ruhe dieser Oase.

Komm und schwimm mit mir!
Oder lass uns im Boot davon treiben.
Lass die Seele und den Körper baumeln.
Stimm eine leise Melodie für mich an.
Fang das Licht und halte es im Herzen.
Gedanken ziehen wie der Morgennebel davon.

Die Ruhe wurde jäh durchkreuzt von vier Zwergen, die über den Platz tobten und den laissez fairen Erziehungsstil ihrer Eltern voll auskosteten. Mit den Kanus ging es über den See und die Umgebung bietet zum Glück genügend Platz für alle. Den Sternenhimmel dort werden wir nicht so schnell vergessen, was für ein unglaubliches Spektakel dort oben. Welch ein Jammer, dass so viele dieses Naturschauspiel nie sehen können.

A03 – Felsen in der Brandung

Leuchtturm Kullen

Wenn wir die dauerhafte Brandung der Gedanken geteilt haben, wird eine Form der Leere sichtbar.

– Dalai Lama –

Einen Ort zu finden, der die Sehnsucht nach Stille, Weite und Unendlichkeit stillt – fast unmöglich. Am Kullen gelingt es uns, diesem kleinen schroffen Felsengebiet am Öresund. Ein Leuchtturm oben, ein Weg durch das Gestein, ein weiterer Leuchtturm am Fuß, mit Blick auf die Ostsee, die im späten gleißendem Licht des Nachmittags ihr Wellen an die Felsen wirft. Tief einatmen und den Zauber dieser geschenkten Stunden genießen.

Der Gesang des Meeres

Wolken, meine Kinder, wandern gehen
Wollt ihr? Fahret wohl! Auf Wiedersehen!
Eure wandellustigen Gestalten
Kann ich nicht in Mutterbanden halten.

Ihr langweilet euch auf meinen Wogen,
Dort die Erde hat euch angezogen:
Küsten, Klippen und des Leuchtturms Feuer!
Ziehet, Kinder! Geht auf Abenteuer!

Segelt, kühne Schiffer, in den Lüften!
Sucht die Gipfel! Ruhet über Klüften!
Brauet Stürme! Blitzet! Liefert Schlachten!
Traget glühnden Kampfes Purpurtrachten!

Rauscht im Regen! Murmelt in den Quellen!
Füllt die Brunnen! Rieselt in die Wellen!
Braust in Strömen durch die Lande nieder –
Kommet, meine Kinder, kommet wieder!

Conrad Ferdinand Meyer

A02 – Der Teufel steckt im Detail

Kopenhagen

Einst zogen sie aus, um ferne Städte und Kulturen zu bereisen und Neues zu entdecken, heute herrscht vieler Orts nur noch Konsum, Kitsch und Inszenierung des Selbst vor. Man gönnt sich keine Muse mehr, sondern hastet mit E-Rollern von einem Highlight zum anderen. Ein Versuch sich diesem zu entziehen ist anstrengend, weil man an jeder Ecke auf Gelegenheiten zur Ablenkung stößt oder über kleine Fahrzeuge stolpert. Zu Fuß, mit Zeit im Gepäck und einem Blick für die kleinen Schönheiten der Altstadt näherte ich mich dieser wirklich schönen Hauptstadt Dänemarks. 1043 erstmalige erwähnt bietet sie so vielfältige Ansichten und Einblicke, die an einem einzigen Tag keinesfalls zu schaffen sind. Manche Details entdeckte ich tatsächlich erst beim zweiten Blick.

Wenn das Ampelmännchen in die falsche Richtung läuft.
9 Fenster sollst du haben. Das Gebäude ist nach dem Gründer Kopenhagens, Bischof Absalon, benannt, dessen dänischer Name Axel war. Axel Borg prägt seit 1920 das Kopenhagener Stadtbild mit seinem neoklassizitischen Baustil.
Tauben – die heimlichen Beobachter der Szenerie
Die Drachen vor dem Rathaus.
Auf dem Pfad der Integration und dem Miteinander
Kunst gegen Kaufrausch – wer siegte zeigt die Reklame.
Garten am Fenster
Parade der Schweigenden 1
Erleuchte mich oder schick wenigstens einen Engel!
Der König rechnet mit seiner Macht.
Wurden die Fische befragt, ob sie das essen möchten?
Foodporn allzeit beliebt
Hier herrscht Radverkehr
Auch Bücher brauchen Werbung – bildet ein Spalier für sie!
Parade der Schweigenden 2
Wer suchet der findet.
Zwei Räder – Zwei Rohre – Zwei Farben
Frauenkirche zu Kopenhagen
Und sie freuen sich seit Jahrzehnten über jeden, der sie findet.
Schaufenstergespenst
Ausgedient – Postkarten nach Deutschland kosten 4,30 €!
Mit Kettenhemd, Löwenmähne und Knöpfen aus dem Kindersteckspiel
Heute ist die kleine Taube die Größte.
Game Of Thrones vor dem Schloß
Kunstvolle Barriere gegen jeden feindlichen Angriff
Möwenkrieg
Irgendwie sehen seine Begleiter wie kleine Roboter aus.
Illuminati
Die Sehnsucht der kleine Meerjungfrau nach einer Gasmaske.
Wir beobachten euch – immer!
Parade der Schweigenden 3
Die Giraffenfrau im Fenster
Alles nur Fassade
Alles bleibt im Fluss
Wenn die müden Beine schwer werden.
Zusammenkunft der Schlösser
Friss oder Stirb
Was würde sie wohl heute zum Treiben vor ihrem Haus sagen?
Ausweglose Kapitulation
Jazzclub um 15:05 Uhr
Hausturm würde ich auch nehmen.
Mit wehenden Fahnen über das Wasser
Ich treibe euch vor mir hin und her.
Die Rastenden und die Rasenden
Me too hat sie jeden Tag.
Bleibt Seefahrer im Meer der Möglichkeiten
Müde Touristen trifft man sogar im Design-Museum.