Ganesha geht zu Ende – Teil 2

Anfahrt
Transport des Ganesha zum See.

Nachdem die Familie / das Dorf seinen Ganesha erworben hat wird ein Transport organisiert, der das gute Stück zum nächstgelegenen See oder Fluss schafft. Denn nur wenn der Gott Ganesha im Wasser wieder in seine Bestandteile (Ton, Lehm, Papier) zerfällt, kann er im nächsten Jahr wiederkommen. In ganz Bangalore werden demzufolge ca. 100.000 Ganeshas ins Wasser geworfen. Ist kein See oder Fluß in der Nähe dient auch schon mal ein Wassereimer zum sogenannten Dipping. Diese Woche wurden in sämtlichen Gewässern Bangalores erhöhte PH Werte gemessen. Aber das wundert mich nicht, nachdem ich miterleben konnte, wieviele dieser bemalten Figuren an nur einem der offiziellen Plätze im Wasser landeten. Dieser Ganesha auf dem LKW ist schon eine etwas größere Ausfertigung. Daher sind auch viele Helfer erforderlich, die alle mitfahren. Man beachte den Herren links auf dem Wagen mit der langen Holzstange, diese wird zum Anheben der manchmal etwas tief hängenden Stromleitungen benutzt. Auch der Herr rechts hat wieder einen sehr schönen Platz gefunden (mit Aussicht).

Ankunft
Ankunft am Sankey Tank Bangalore.

Die Ganeshaverehrer erreichen den See. Es werden sofort Freudentänze um das Fahrzeug veranstaltet. Einige haben auch Tröten oder Trommeln mitgebracht, um das ganze musikalisch zu untermauern. Richtige Helden entzünden sogar ein Feuerwerk direkt auf der Straße.

Sankey Tank
Sankey Tank Bangalore
Wassermann
Die Wassermänner in Aktion

Wir machten uns zu dritt ausgerüstet mit unseren Kameras zum sogannten Sankey Tank in Bangalore auf. Der Freitag nach dem Ganeshageburtstag erschien uns vielversprechend. Nicht zu überlaufen und doch schon was los. In den frühen Abendstunden erreichten wir den vom eigentlich großen See abgetrennten Bereich, der als offizielle Stelle zum Ganesha Versenken freigegeben ist. Es dauerte auch nicht lange und die ersten Leute kamen mit ihren Ganeshas dort an. Zu Fuß, per Motorrad, in der Riksha oder Auto bzw. im LKW wurden die Gottheiten vorgefahren. Das Wasserbecken war bereits gefüllt mit bräunlicher Brühe und ringsherum abgezäunt. Mehrere Öffnungen dienten dann als Abgabeplatz. Dort stehen Helfer, die für ein kleines Entgelt die Zeremonie des Untertauchens übernehmen. Nicht jeder darf das selbst machen, nachdem schon viele Inder in den letzten Jahren dabei ertrunken sind, denn die meisten können nicht schwimmen. Auch ein Tretboot ist im Einsatz, um nicht ganz unter gegangene Ganeshas tiefer zu tauchen oder alte wieder herauszuholen, um Platz für die neuen zu machen.

Tragen
Stolzer Ganesha-Träger

Stolz tragen die Leute ihren geschmückten Ganesha zum Sankey Tank.

Puja
Puja für die Götter
Maedchen
Im Licht der Kerzen.

Bevor der Ganesha zu Wasser gelassen wird erfolgt eine ausführliche Puja. Diese Zeremonie wird grundsätzlich gemacht und ist ein alltägliches Ritual. Nicht nur bei solchen Anlässen, sondern z.B. auch bei Fahrzeugen (1x im Jahr), beim Einzug ins neue Haus, bei Namensgebung von Babys, vor Reisen, bei anderen heiligen Feiertagen, die Liste lässt sich beliebig lang fortsetzen. Inder machen einfach immer und überall Puja, denn es gibt viele Götter und Anlässe dafür.

Gauwri
Gauri – die Mutter von Ganesha

Auch Gauri, die Mutter Ganeshas wird an diesem Tag verehrt und bekommt ebenfalls eine Puja verpasst.

Täufer
Kurz vor der Taufe.
Tauchen
Jetzt geht’s los.

Eigentlich recht unspektakulär verläuft dann das Eintauchen. Die Helfer gehen mit der Gottheit in ca. knietiefes Wasser und tauchen diese ein oder zweimal unter genauer Beobachtung der Eigentümer ins Wasser ein bevor sie die Figur ganz loslassen und diese in der braunen Brühe verschwindet. Aber es muss ja schließlich ein bisschen würdevoll ablaufen, da ist wohl ein Hineinwerfen nicht die richtige Art und Weise.

Schmuck
Bunt geschmückt mit glücklichen Besitzern.
Big
Bei den großen Figuren braucht es ein paar mehr Hände.
Freude
Große Freude nach der gelungenen Aktion.
Ende
Geschafft, ein letztes Gebet.

Nach der Tauchaktion nimmt der Helfer etwas Wasser aus dem See und wirft es über die Eigentümer des gerade versenkten Ganeshas. Andere (meistens Gruppen) feiern fröhlich und ziehen mit Gesang und Musik wieder ab. Einige der Teilnehmer hatten wohl schon vorab mit Alkohol ein bisschen für Stimmung gesorgt. Es blieb aber friedlich und wir fühlten uns nie unsicher dort, was wohl auch an dem großen Aufgebot an Polizei lag, die den Platz bewachten.

Familie
Familienausflug

Für die meisten ist es ein Familienausflug für einen besonderen Tag. Es gibt auch Essen, welches innerhalb der Familie verteilt wird und selbst die bettelnden Straßenkinder mussten in diesen Tagen nie hungrig ins Bett gehen.

Musik
Traditionelle indische Musik begleitet die Szenerie.

Ein spannendes Erlebnis für uns auf alle Fälle.

Hilfe – indischer Wertstoffhof!

Center
Indischer Wertstoffhof in unserem Compound.

Nach knapp 14 Monaten hier in Indien holt uns der SCHRECKEN WERTSTOFFHOF wieder ein. Wie froh waren wir, das wir nicht mehr jeden zweiten Samstag zum geliebten Wertstoffhof in Altdorf fahren mussten, um dort in unzähligen Containern jeden Schnipsel Müll einzel abzugeben. Ich bin kein Feind des Recyclings, aber manchmal nervte es mich schon. Hier in Indien wird üblicherweise der Müll auf der Straße entsorgt und dort an Ort und Stelle verbrannt. Auch nicht die richtige Lösung, klar. Eine funktionierende Müllabfuhr gibt es nur für ausgewählten Wohngebieten. Der Müll wird dann dort abtransportiert und an vielen Stellen in der Stadt abgeladen, um dort von Leuten sortiert zu werden. Ich bedauere diese Menschen immer besonder sehr, wie die in diesem stinkendem Dreck waten und Plastik, Papier oder andere verwertbare Stoffe rausklauben, ohne Mundschutz, ohne Handschuhe. Einfach nur widerlich. Der Müll auf den Straßen wird ebenfalls von vielen sogenannten Müllsammlern durchsucht, die sich jeweils auf Papier oder Plastik spezialisiert haben. Mit übervoll beladenen Fahrrädern bringen sie die gesammelten Stoffe zu kleinen Buden, wo sie dafür ein paar Rupees erhalten. Rauchende Müllberge gehören hier eigentlich zum Alltag. Seit wir hier wohnen trennen wir unseren Müll. Plastik, Flaschen, Papier, Metall alles wurde zweimal die Woche zusammen in einer Tüte von den Müllfrauen hier im Compound direkt am Haus abgeholt. Für den Restmüll gab es ebenfalls eine Tonne.

Tafel
Infotafeln zieren das Stadtbild. Strafe für nicht ordnungsgemäßes Recycling: 100 Rs (1,50 €).

Seit dem 01. Oktober gilt nun ein striktes Recyclinggebot in der Stadt. Da sich die Bauern vom Lande den auf ihren Feldern entsorgten Stadtmüll nicht mehr gefallen ließen dachte sich die Regierung jetzt eine Mülltrennung aus. Vom Prinzip her sehr gut, endlich wird etwas gegen den Müllwahnsinn in der Stadt unternommen. Aber wer Indien kennt, weiß, dass diese Aktion wieder einmal ohne Plan und nicht richtig durchdacht ist. Eine Müllabfuhr gibt es weiterhin nicht. Müllverbrennungsanlagen sind keine vorhanden. Wo der gut sortierte Müll dann hinkommt? Keine Ahnung. Bei Strafe von 100 Rs muss jetzt alles getrennt werden. Dafür wurden bereits Tafeln aufgestellt und bei uns im Wohngebiet Zettel verteilt. Darauf wird erklärt, dass es praktisch keinen Restmüll mehr gibt. Alles muss getrennt werden, selbst der gebrauchte Kaffeefilter gilt als Papier, das nasse Küchenkrepp ebenfalls. Damenhygieneartikel müssen in Zeitungspapier gewickelt den Mülldamen überreicht werden! Sämtlicher Plastik, Tertapacks und Flaschen sollen gespült in die dafür bereitgestellten Tonnen entsorgt werden. Jeden Tag zwischen 08:30 und 09:30 wird dann der sog. Kitchenwaste (also Küchenabfälle) eingesammelt. Aber wehe es findet sich darin ein Krümelchen Papier oder Plastik. Für was es allerdings eine Biotonne und eine Küchenmülltonne gibt verstehe ich nicht. Wahrscheinlich bekommen die Kühe jetzt Trennkost, erst die Küchenabfälle und dann die Gartenabfälle. Ich kann mir nämlich nichts anderes vorstellen, als das dieser Müll an irgendeiner Stelle den Kühen zum Fressen hingeworfen wird. So hielten wir es nämlich bereits die letzten Monate, unsere Küchenabfälle nimmt meistens der Fahrer mit und gibt sie unterwegs einem hungrigen Tier.

Der Spaß fing dann heute an, als ich meinen 3 Tage alten Restmüll an die Damen vom Müllteam übergeben wollte. Darin befanden sich in Küchenkrepp eingewicktele Gemüsereste, Jogurtbecher (die Steffen auch gern mal in den Restmüll schmeiß, statt in den Plastik), Teebeutel, Essensreste, eben alles was sich in 3 Tagen so ansammelt in einem Haushalt. Den Zettel für die Mülltrennung hatten wir aber erst gestern erhalten. Keine Chance, den Müll nehmen wir nicht, das muss alles sortiert werden, meinte die Dame dann in einem Misch-Masch aus Englisch, Hindi und Handzeichen. Ich weigerte mich, diesen Dreck zu sortieren und ließ die Tüte erstmal vor dem Haus liegen. Ein weiteres Problem mit Küchenabfällen sind die vielen Ameisen und andere Krabbeltiere, die sich sofort über alles Essbare hermachen. Tüten mit Essensreste vor dem Haus zu lagern ist hier keine gute Idee, denn nicht nur Ameisen auch Ratten und Katzen sind schnell vor Ort. Unser Fahrer kam dann gegen später und schmunzelte über diese Story. Er meinte bei ihnen im Wohngebiet gibt es noch keine Mülltrennung. Also nimmt er die Tüte mit und entsorgt sie dort.

Heute haben wir uns dann drei große Tüten zum Trennen im Haus besorgt. Die bei uns im Wohngebiet waren natürlich bereits alle. Morgen wird dann Sonia in die hohe Kunst der Mülltrennung eingewiesen. Ich bin gespannt, wie lange sie hier im Wohngebiet und die Regierung durchhalten. Auf dem Weg zu unseren Freunden konnten wir uns dann wieder an den vielen Müllbergen entlang des Weges erfreuen. Es wäre bereits ein Fortschritt gewesen, eine normale Mülltrennung über die ganze Stadt zu organisieren und die Verbrennungsaktionen zu unterbinden. Jetzt mit punktuellen Wahnsinns-Recycling-Aktionen dem Müllproblem Herr zu werden erscheint mir wie ein guter Streich aus Schilda. Aber vielleicht gibt es dann demnächst wieder einen Streik. So wie letztens als über das Wasserproblem oder die gestiegenen Benzinpreise oder Erhöhung von Gehältern der Busfahrer gestreikt wurde.

Muellsammler
Auf dem Weg zum Papierhändler.
Feuer
Vor den Türen des Wohngebiets wird fleißig Müll verbrannt.
Muell
Müllberg Nr. 1
Muell_2
Müllberg Nr. 2
Muell_3
Müllberg Nr. 3
Muell_4
Müllberg Nr. 4

Die Festivalsaison 2012 beginnt. Ganesha – Teil 1

Wikipedia-Eintrag:
Ganesha (Gana: ‚Gefolge‘, ‚Schar‘, Isha: ‚Herr‘ , also „Herr der Scharen“)[1] ist eine der beliebtesten Formen des Göttlichen im Hinduismus. Weitere verbreitete Namen sind unter anderem Ganapati (‚Gebieter der Scharen‘), Vinayaka (‚Entferner [der Hindernisse]‘) und Vighnesha (‚Herr der Hindernisse‘).

Jede Puja (hinduistischer Gottesdienst) beginnt mit einem Gebet an ihn. Er wird angebetet, wenn man Glück für den Weg oder eine Unternehmung braucht, er steht für jeden Neuanfang und verkörpert Weisheit und Intelligenz. Zu seinen Angelegenheiten gehören die Poesie, Musik und Tanz und er ist der Herr über die Wissenschaften. Die meisten Kaufleute betrachten ihn als ihren Schutzherrn. Für viele fromme Hindus ist das erste, was in ein neues Haus kommt, eine Statue des Ganesha. Diese segnet das Haus und verheißt Glück.

Unzählige Legenden in den Puranas bieten verschiedene Versionen als Erklärung für die Entstehung Ganeshas an. So berichtet eine populäre Geschichte im Shiva Purana, dass Parvati, Shivas Ehefrau, Ganesha in Abwesenheit Shivas geschaffen hätte: Demnach formte sie aus dem Lehm, mit dem sie ihren Körper eingerieben hatte, einen kleinen Buben, übergoss ihn mit Gangeswasser und erweckte ihn so zum Leben. Sie nannte ihn Ganesha und setzte ihn als Wache vor ihr Haus. Als Shiva kam, versperrte Ganesha ihm den Weg. Shiva schlug ihm den Kopf ab und gelangte so ins Haus. Als Shiva bemerkte, dass er gerade Parvatis Sohn getötet hatte, befahl er seinen Dienern, den Kopf des ersten Lebewesens zu bringen, auf welches sie treffen würden. Dieses erste Lebewesen war ein Elefant, und dessen Kopf setzte Shiva auf Ganeshas Rumpf, um ihn ins Leben zurückzubringen.[4]

Für jene Gläubigen, die in Ganesha oder Ganapati das Höchste sehen, ist Ganesh Chaturthi (nach dem Mondkalender zwischen Mitte August und Mitte September) das höchste aller Feste im Jahreslauf; nach ihrem Glauben kommt Gott in diesen Tagen zu Besuch.

Besonders prächtig feiern die Menschen den Tag in Mumbai (früher Bombay). Dabei werden unzählige kleine oder riesige Ganesh-Statuen aus Lehm auf Altären in Häusern und Straßen aufgestellt und einige Tage verehren die Gläubigen in diesen Darstellungen das Göttliche mit regelmäßigen Gottesdiensten, Musik und Tanz. Am letzten Tag werden sie verabschiedet und in fröhlichen Prozessionen zum Meer gebracht, wo man sie unter Jubel in den Fluten versenkt.[6]

Ganesha
Ein besonders farbenfroher Ganesha aus Bangalore.

Auch Bangalore feiert Ganesh Chaturthi, das Ganesha Festival und läutet damit die Saison der folgenden Feierlichkeiten (Dasara, Diwali) ein. Am Tag von Ganesha`s Geburtstag ist nationaler Feiertag, daher waren alle Schulen und öffentlichen Stellen geschlossen. Zur Vorbereitung auf das Festival benötigt jede Familie einen Ganesha, der speziell für diesen Anlass angefertigt und gekauft wird. Um zu sehen, wie diese Figuren entstehen machte ich mich mit ein paar anderen Interessierten nach Pottery Town auf. Ein kleiner Stadtteil, in dem alle Bewohner mit Ton arbeiten. Es gibt dort Töpfer, Maler, Händler und riesige Zelte, in denen die fertigen Ganesha’s zum Verkauf bereit stehen.

Matsche
Der Ton wird mit den Füßen gemischt.
Tonhaus
In manchen Häusern stapeln sich die Tonwaren bir zur Decke hoch.
Inside
In den Werkstätten wird vermutlich nie geputzt.
Haustüre
Auch vor den Haustüren liegt das Rohmaterial in Bergen.
Produkt
Aus dem Ton entstehen auch Lichtschalen für Diwali
Arbeiter
Einem der Töpfer durften wir über die Schulter schauen.
Roh
Nach dem Formen werden die Ganesha’s grundiert.
Farbe
Danach erhalten sie ihren typisch kitschig bunten Anstrich.
Pappe
Größere Figuren werden teilweise aus Pappmaché hergestellt.
Anstrich
Auch die großen Ganesha’s werden zuerst weiß grundiert.
Zelt
In großen Zelten stehen die Figuren zum Verkauf bereit.
Halle
Aus allen Größen kann man sich seinen Ganesha aussuchen.
Folie
Gegen den Regen werden die Riesenexemplare mit Folie geschützt.
Aufladen
Alle helfen mit, die großen Statuen auf die Transporter zu hiefen.
Reise
Werden sie nicht direkt vom Käufer abgeholt, geht es per Sammeltaxi zu einer der vielen Verkaufplätze in der Stadt.

Bereits Tage vor dem Geburtstag von Ganesha entstehen über die ganze Stadt verteilt an vielen Straßen Verkaufsstände oder kleine Zelte, in denen die Figuren hergestellt werden. Jede Familie kauft sich dann einen oder auch mehrere Ganesha’s, für die großen Figuren legen vermutlich ganze Dorfgemeinschaften zusammen. Auch in unserem Wohngbiet wurde für die Anschaffung eines Ganesha’s gesammelt. Die eigentliche Zeremonie findet dann in den 10 Tagen nach Ganesah’s Geburtstag statt. Die Figuren werden zu einem der Seen in der Stadt gebracht. Mittlerweile gibt es extra dafür abgesperrte Bereiche, denn die Figuren werden dort ins Wasser getragen und versenkt. Aber dazu mehr im zweiten Teil. Dort berichte ich dann ausführlich über eine solche Zeremonie, die ich mit zwei Freundinnen am Sankey Tank in Bangalore hautnah erlebt.