
Eine herllich lange Frischluftzeit liegt hinter uns, mit neuem Rekord von unglaublichen 32 auf der nach oben offenen Skala für schlechte Luftwerte. Seit Sonntag ist der Smog zurück und heute erreichten wir bereits wieder die 300er Marke. Masken auf, Fenster zu, Indoor-Play – das volle Programm. Auch das seit drei Wochen gestartete Frauen-Fußball-Spiel am Montag Abend fiel heute der schlechen Luft zum Opfer. Aber nicht nur der Smog stinkt uns. Heute riefen wir die Handwerker, da wir seit Wochen seltsame Gerüche im Schrank unter dem Küchenspülbecken haben (nicht der Mülleimer!!). Die Muttersprachler wussten auch keinen richtigen Rat, woran es liegen könnte. Der Abfluß vom Spülbecken wurde geöffnet, aber zeigte keine Verstopfung oder einen Hinweis auf den seltsamen Geruch. Um wenigstens etwas zu erledigen, wurden die Abflussschläuche vom Waschmaschine und Geschirrspüler mit Silikon im Abwasserrohr versiegelt. Steffen meint das ist alles normal, er hat Neubauwohnerfahrung aus DDR-Zeiten und da war es ähnlich, Gerüche zogen von den unteren Wohnungen in die oberen Stockwerke. Auch unsere Untermieter (ein Brigadegeneral aus Burundi mit Familie) kochen gern und anscheinend ziemlich fettreich, die Düfte kamen regelmäßig in unserer Küche an. Wir haben jetzt sämtliche Ritzen und Gitter mit Klebeband geschlossen und hoffen auf Besserung.

Unsichtbare Düfte scheinen im Zoomarkt (ein Markt für Klamotten, Schuhe, Taschen und Stoffe) durch die Lüfte zu schweben. Ich besuchte diesen Markt bereits zweimal, fasziniert von der schrillen 80er Mode, die in Peking in diesem Frühjahr die Modeszene beherrscht, und jedesmal kam ich mit Kopfschmerzen raus. Ich vermute die vielen Farbstoffe und chemischen Zutaten in den Klamotten führen in geballter Ladung zu dieser Reaktion, aber genau kann ich das nicht sagen. Bei einem Kleid, welches ich dort gekauft hatte und zum Lüften neben das offene Fenster hängte veranlasste nach einigen Minuten meinen Mann zu folgender Aussage: Ich muss mal das Fenster zumachen, die scheinen da draußen mit Farbe zu streichen. Zum Thema Farbe machten wir die Erfahrung, das diese hier großzügig zum Einsprühen von Rohren im Treppenhaus verwendet wird und danach die ganze Wohnung übel danach stank. Das gehöre zur Instandhaltung wurde uns vom Management mitgeteilt und jedes Jahr wird neu gesprüht. Die Arbeiter trugen weder Atemmasken noch Handschuhe bei der Aktion und bei 15 Stockwerken und 9 Gebäuden mit jeweils 2 Aufgängen kann ich mir nicht vorstellen, das diese ohne gesundheitliche Schäden davon kommen werden. Gesunde Farben scheint es hier noch nicht zu geben.

Erfreulich und ermutigend finde ich die vielen Elektrofahrzeuge, die hier in der Stadt unterwegs sind. Besser würde ich natürlich Fahrräder finden, und trotz wärmerer Temperaturen vermisse ich immer noch die 9 Millionen Bicycles, von denen Nora Jones singt, aber die kleinen Flitzer sind immer noch umweltfreundlicher als die vielen Protzkarren, die hier herumfahren. Steffen kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus, Bentley, Ferrari, Porsche, Jaguar, BMW, Audi, Range Rower, … alle Männerspielzeuge finden sich hier täglich im Stadtbild. Die Oberschicht verdient sehr gut und investiert in schicke Autos. Die kleinen Leute düsen mit den Elektrofahrzeugen durch die Straßen von Peking, auch viele Lieferanten benutzen diese Transportmittel. Jetzt müsste nur noch der Strom ohne stinkende Kraftwerke produziert werden, dann wäre es perfekt. Also bleibe ich beim Drahtesel und mache es wie der Fahrer unserer Hutongtour, ordentlich in die Pedale treten bringt einen auch von A nach B.

Bei der Tour durch die Hutongs konnten wir nicht nur einen Blick in die Lebensgewohnheiten der Bewohner dieser in der Mongolenzeit errrichteten Wohnviertel werfen sondern auch ahnen, wie es hier früher gestunken haben muss. Hutongs verfügen in der Regel über keine privaten Toiletten, sondern alle paar 100 Meter gibt es ein öffentliches WC. Diese wurden seitens der Stadt in vielen Hutongs bereits modernisiert, allerdings ist der Geruch weiterhin nicht gerade angenehm, wenn man daran vorbei fährt oder vielleicht dort in der Nähe wohnt. Das Abwassersystem Pekings verträgt kein Toilettenpapier, das führt zu Verstopfungen und in allen öffentliche WC’s weisen Schilder darauf hin, Papier (auch benutztes) nur in die Mülleimer zu entsorgen. Auch die Sitz-WC’s sind nicht überall verbreitet und aus den Hock-WC’s strömt ein atmenberaubender Duft. Wir versuchen diese so gut es geht zu meiden, aber bei zwei Kindern kommt man nicht darum herum, manchmal ein öffentliches WC zu benutzen, Nasenklammern wären eine gute Investition.

Da lobe ich mir doch lieber einen Ausflug in einen der vielen Parks in der Stadt. Gleich zwei Touren standen auf dem Programm der letzten Woche, zum einen die Fototour der Fotogruppe in den Yuyuantan Park und zum anderen ein Familienausflug in den Jingshan Park mit Blick auf die Verbotene Stadt. Beide sind auch unter der Woche gut besucht, die Chinesen lieben es in die Parks zu gehen, um zu entspannen, Sport zu treiben, ihre Fähigkeiten im Musizieren, Tanzen oder Singen zum Besten zu geben oder einfach nur um draußen zu essen. Im ersten Park stand daher auch eine ganze Batterie von Imbissbuden bereit, die mit allem was das Herz begehrt lockten. Popcorn, Eis, Fritiertes, Gegrilltes, Gerolltes, Früchtespieße oder farbenfrohe Getränke. Der Duft an den Grillständen ist sehr verführerisch und bei Gelegenheit werde ich zu einem der Fleischspieße greifen.

Keine Zeit zum Essen haben wir, die Hobbyfotografen, momentan. Überall blüht und sprießt es und wenn das Wetter gut ist folgen Tausende dem Ruf nach einem guten Blütenfoto. Die Chinesen sind wahre Künstler im Drapieren der Familienmitglieder vor den blühenden Bäumen und Sträucher. Da wird sich extra schick gemacht, die Oma mit dem Rollstuhl herbei gefahren um möglichst ein tolles Foto mit spektakulärem Hintergrund zu schießen. Wir haben unseren Spaß, dem Treiben zu zuschauen und von diesen Aktionen Fotos zu machen, als Erinnerung an einen verrückten Frühling in Peking.

Eins haben die vielen Blüten: sie duften herrlich und verbreiten einen angenehmen Duft.