Holi – darauf haben wir uns gleich zu Beginn unseres Indienabenteuer gefreut, das Fest der Farben und bunten Gesichter. Wir mussten 7 Monate warten, doch am Weltfrauentag (08. März) wurde endlich gefeiert in den Straßen von Bangalore und der Schulde unserer Kinder. Das Fest markiert den Frühlingsanfang hier in Indien, obwohl wir den diesjährigen Temperaturen nach schon im Hochsommer sind (32° im Schatten). Gefeiert wird immer am Vollmondtag des Monats Phalguna (Februar/März) und meistens zwei Tage, in manchen Regionen im Norden auch 10 Tage, lang. Es ist eigentlich ganz einfach an Holi mitzumachen. Alte Klamotten anziehen, wer richtig bunt werden möchte zieht weiße Sachen an, Farbpulver kaufen, Wasser bereithalten. Mit dem Farbpulver beschmiert man einfach die anderen Leute am ganzen Körper, auch die Haare werden oft eingepudert. Mit Wasser vermischt hält dann alles noch besser. Beliebt sind auch Wasserspritzpistolen in die Farbwasser gefüllt ist. Die gibt es zusammen mit dem Farbpulver eine Woche vor Holi in vielen Shops zu kaufen. Am Ende wird geduscht oder man lässt sich mit einem Eimer Wasser übergießen.
Es ist ein riesen Spaß für alle und die Menschen sind einfach zwei Tage lang fröhlich und ausgelassen. In vielen Straßen und Gegenden haben wir bunt geschmückte Menschen gesehen. Zum Fotografieren ist Holi natürlich ein absolutes Highlight. Das ohnehin schon bunte Indien ist an diesen Tagen einfach an Farben nicht zu toppen.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,820284,00.html
Es kann auch schlimm enden, besonders bei Verwendung von gesundheitsschädlichen Farben. In der Schule wurden Ökofarben benutzt, die trotzdem richtig toll bunt färbten, sich aber wieder gut auswaschen ließen.
Holi feiern alle gern3 Bunte auf dem Moped unterwegsSchön bunt geschmückt - Straßenkinder unterwegsFarbenverkauf an der StraßeVor der FarbenschlachtGut gerüstet für Holi - unsere JüngsteDer Startschuss ist gefallen. Der große run beginnt. Hier werden die Farben an die Kinder verteilt.Die ersten sind schon bunt. Die Farben rot orange und pink dominierten.Jetzt gibt es PinkEs wird langsam mehr im GesichtDie drei sehen schon richtig toll aus.Auch die Kindergartenkinder machen fleißig mit.Mich hat es auch erwischt.Lehrerin Miss BiancaDie Schlacht ist vorbei - alles sind bunt und happy.
Heute möchte ich mich einem Thema widmen, welches uns täglich bewegt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Fast jeden Tag kämpfen wir uns durch den Verkehrsmolloch Bangalore. Wer immer neidisch auf uns ist, weil wir einen Fahrer haben, der sollte sich bitte selbst ein Bild machen, hier möchte man gar nicht selber fahren.
Wichtigste Regel aller Fahrzeuge „HORN PLEASE“, d.h. jeder benutzt seine Hupe in allen Situationen. Es herrscht also ständig ein ziemlicher Lärmpegel allein durch das ewige Gehupe. Hier meint das auch keiner böse oder ärgert sich über einen anderen Verkehrsteilnehmer. Vielmehr macht man mit dem Hupen auf sich aufmerksam, warnt andere, Achtung ich komme bzw. Achtung, ich bin schon neben oder hinter dir. Einige nutzen dann die Dauerhupe, um schneller vorwärts zu kommen. Auch die Züge hupen hier sehr lange und sehr laut. Manchmal ist es ganz hilfreich. Besonders als Fußgänger, mangels Gehwegen auch auf den Straßen unterwegs, weiß man gleich, wenn sich ein Fahrzeug von hinten nähert. Schreckhaft sollte man allerdings nicht sein, auch die Busse hupen sehr laut, wenn sie im Anflug sind.
Eine andere Regel bzw. ungeschriebenes Gesetz lautet, ist kein Polizist an der Straßenkreuzung kann man durchaus auch bei Rot über die Ampel fahren. Dann gilt „der Stärkere gewinnt“, es wird gedrängelt, gehupt und meistens kommen die LKW und Busse als erstes durch. Denn es gibt eine Rangordnung im Straßenverkehr: Busse und LKW sind die stärksten, gefolgt von Kleintransportern und Vans, dann kommen die PKW, Riksha, Mopeds, Fahrräder und zum Schluss die Fußgänger. Auf die wird so gut wie keine Rücksicht genommen. Ich habe schon oft gesehen, wie die vor Autos wegspringen. Ausnahme bilden die heiligen Kühe, die traut sich keiner anzufahren.
Eine kleine Auswahl der typischen Verkehrslage in Bangalore:
Händler mit VerkaufswagenObstverkaufHändler mit Papayas
Diese Verkaufswagen sind auf der einen Seite immer nett anzusehen, besonders in ihrer Vielfalt was dort alles angeboten wird, auf der anderen Seite stellen sie manchmal auch ein Verkehrshindernis dar. Zum Glück sind diese Leute meistens nur auf den Nebenstraßen unterwegs.
MüllsammerNoch ein MüllsammlerTransport auf dem Fahrrad
Das Fahrrad als Fort- und Transportmittel könnte hier ganze Bildbände füllen. Die Drahesel scheinen alle noch aus dem Mittelalter zu stammen und sehen aus wie schon ewig in Gebrauch. Aber nichts desto trotz werden sie gern benutzt und natürlich fahren alle ohne Helm. Auch wenn es oft sehr eng zu geht auf den Straßen hier in Bangalore, Unfälle sieht man eher selten.
HühnertransportAchtung Twowheeler im AnmarschSchnell ins BüroZu dritt mit FahrradEtwas älteres ModellZeitungsauslieferungAufgereiht
In Scharen unterwegs sind die 2-wheelers (Mofas, Mopeds, Motorräder). Viele fahren damit zur Arbeit, aber auch zum Transport eignen sie sich wohl ganz gut. Wir sind immer erstaunt wieviele Leute auf ein Moped passen, die größe Anzahl waren einmal fünf Personen (Vater, Mutter, vor dem Vater ein Kind, zwischen Mutter und Vater ein zweites Kind und die Mutter hielt noch ein Baby im Arm). Wirklich erschreckend für mich sind immer die Hühnertransporte. Die armen Viecher werden lebend an den Füßen zusammen gebunden und über das Moped gelegt zu den Verkaufsständen gefahren. Dabei hängen die Köpfe immer gefährlich an den Seiten heraus und bestimmt kommen nicht immer alle lebend dort an.
Riksha mit PalmenblätternAuf dem Markt
Sehr beliebt uns richtig niedlich sind die Riksha´s. Billig und etwas sicherer als das Moped sind sie nicht wegzudenken aus dem Straßenalltag. Morgens sieht man auch schon mal übervolle Riksha´s mit acht Kindern, die in die Schule fahren. Werden Waren transportiert, liegen diese auf der Rückbank und oben drauf sitzt einer, der sie festhält. Ich muss immer schmunzeln, wenn ich das sehe und ärgere mich, dass ich die Kamera mal wieder nicht dabei hatte. Wir sind zur Freude der Kinder auch schon ein paar mal Riksha gefahren, wenn man den Fahrtwind mag und kein Problem mit Lärm und Abgasen hat, ist es sicher eine gute Alternative. An allen Ecken gibt es auch kleine Reparaturwerkstätten, die immer was zu tun haben. Es gibt zwei Sorten, schwarz oder dunkelgrün/gelb fahren mit Benzin, die hellgrün/gelben mit Gas. Die benzinbetriebenen kann man nur noch gebraucht kaufen, alle neuen Modelle sind mit Gas ausgerüstet.
Nicht mehr das jüngste ModellRoter FlitzerMoped mit AnhängerTransport auf dem DachBananenlieferung
Eine weitere Kategorie sind die Kleintransporter und 3-Wheeler, die hauptsächlich für Transportzwecke eingesetzt werden. Nicht immer in einem verkehrssicheren Zustand sind sie aber wohl besser geeignet als große LKW um die vielen kleinen Geschäfte mit Waren aller Art zu beliefern.
Hoch auf dem gelben WagenStaatliche BusseEiner von TausendenTraktor mit AnhängerRoter TruckKuhtransport
Groß, laut und schwer kommen die Busse und LKW daher. Dabei sind die LKW-Fahrer noch richtig zu beneiden, die haben in ihren oft mit bunten Girlanden, Blumen und Heiligenbildchen verzierten Fahrerkabinen wenigstens einen Sitzplatz, während sich besonders in den staatlichen Bussen die Menschen oft stapeln. Die Busse sind ebenfalls steinzeittechnisch ausgestattet und immer übervoll. Bei den LKW kann man indische Ordentlichkeit beobachten, denn der Sand wird zu akurat geformten Pyramiden aufgeladen, da fällt kein Krümel auf die Straße. Wegen ihrer lauten Hupen und ihrer Größe sind Busse und LKW die Chefs auf der Straße, an denen keiner vorbei kommt, wenn die es nicht wollen.
Baustelle mit neuem Flyover zum Flughafen Stau an der Kreuzung Kuh auf der StraßeVerkehr in der CityKuh zwischen Bus und Moped
Mittendrin laufen die heiligen Kühe gemächlich durch den rasenden Verkehr. Auf der Suche nach Futter treiben sie sich den ganzen Tag draußen herum, manchmal sind sie auch am Straßenrand angebunden. Schlimm anzusehen sind die dickbäuchigen Exemplare, die vom vielen Plastikessen aus dem Müll ganz aufgebläht sind. Mehrere Kilogramm Plastikmüll wurden schon in einer verendeten Kuh gefunden. Einige der Kühe (weiße, mit langen Hörnern) werden auch zu Transportzwecken eingesetzt, sie ziehen kleine Anhänger mit Waren oder Baumaterial.
Das einzig gute an den vielen langen und ewig dauernden Autofahrten durch Bangalore ist: es wird nie langweilig, die Straße ist ein Kino und jeden Tag gibt es Neues zu entdecken. Und hat man keine Lust auf das Schauspiel vom Fenster aus: Email, Telefonieren, Chatten, Arbeiten, Lesen usw. geht wunderbar auch im Auto.
Am vergangenen Mittwoch besuchte ich zusammen mit Imteaz und Sonia den Russell-Markt in Bangalore. Wir fuhren gleich am Morgen dorthin, denn um diese Zeit herrscht dort kein Gedränge. Schon vor dem Eingang war dennoch viel los, jede Menge Rikshas und Lieferanten, die säckeweise Waren in den Markt trugen. Der Russell-Markt ist der größte Umschlagplatz für Obst, Gemüse, Blumen und Fisch, Fleisch aber auch lebende Tiere und liegt direkt neben dem großen Einkaufsbereich Commercial Street.
Da ich zwei Begleiter dabei hatte brauchten wir keinen der Träger, die uns gleich am Eingang umlagerten. Für ca. 1 € tragen diese alle Einkäufe in einem großen Kopf auf dem Kopf zum Wagen zurück. Heute wollte Imteaz das machen und Sonia freute sich ebenfalls über den kleinen Ausflug.
Hungriger MarktbesucherWie in Omas Kramladen
Im Markt selbst gibt es viele kleine Stände, die eine unglaubliche Auswahl an Obst und Gemüse anbieten. Ein sehr farbenfrohes Bild und man weiß gar nicht, bei wem man zuerst einkaufen soll. Einmal an einem Stand lassen einen die Händler dann sowie so nicht wieder gehen, bis man nicht alle Taschen gefüllt hat. Sonia kaufte Unmengen an Gemüse und frischen Kräutern sowie Obst ein, welches wir dann aufteilen wollten. Allein hätte ich das in vier Wochen nicht aufessen können und die Familien der beiden würden sich hoffentlich darüber freuen. Auch die besonderen Kerala-Bananen fanden wir auf dem Markt, die Sonia mit einem süßen Teig in Kokosnussöl gebraten als Snack für die Kinder machen wollte. Die Marktstände sehen teilweise aus wie früher mit alten Waagen und Säcken, Holzverschlägen und einer atemberaubenden elektrischen Verkabelung.
Frische Kräuter vor dem AbtransportFrische AuswahlZwiebeln ohne Ende
Die nächste Station unserer Reise war der Fischmarkt, den wir durch einen Gang mit Blumenhändlern erreichten und etwas weiter in dem Schaffleisch verkauft wurde. Hier sah es ebenfalls sehr gewöhnungsbedürftig aus. Von Hygienevorschriften haben die Verkäufer bestimmt noch nichts gehört. Ich würde dort kein Fleisch kaufen, mir hat der Anblick schon gereicht, um vielleicht doch mal über eine vegetarische Ernährung nachzudenken.
Rosen bergeweiseFischmarkt
Ein unglaublich strenger Fischgeruch wehte uns um die Nase, als wir den Fischmarkt erreichten. Einige Stände boten viele Sorten an Fisch und anderen Meerestieren an, die alle ohne Kühlung auf den Tresen und Tischen lagen. Schrimps wurden zum Teil gleich auf einer Plastiktüte direkt auf dem Fußboden gepult. Viele Fliegen schwirrten um die Fische herum und auch der Versuch die Fische mit kaltem Wasser frisch zu halten ist bei den Temperaturen zum Scheitern verurteilt. Imteaz kannte einen der Verkäufer und dort sollten sich die beiden einen Fisch kaufen. Es wurde ein großer ausgesucht, gewogen und gleich vor Ort küchenfertig zerlegt. Natürlich auf einem Holzblock mit einen uralten Messer, indisch stilecht eben. Ich musste dann ab und zu um die Ecke gehen, der Fischgeruch war einfach wahnsinnig intensiv.
Intensives GeruchserlebnisMetzger bei der Arbeit
Auf dem Weg zurück kamen wir dann an den Hühner- und Entenverkäufern vorbei. Diese werden lebend verkauft und auch so abtransportiert. Einer der Einkäufer verfrachtete gerade eine ganze Ladung Hühner an den Füßen zusammengebunden auf sein Mofa. Wahrscheinlich werden sie noch einige Zeit in einem engen kleinen Käfig irgendwo in der Stadt leben müssen, bevor sie als Drumstick oder Chicken Breast auf dem Teller landen. Tierschützer hätten hier viel Arbeit in Indien.
Aber wenigstens gibt es Essen und Fleisch können sich nur wenige leisten. Laut Wikipedia hat Indien trotz einer sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung mit mehr als 200 Millionen Menschen die meisten Hungerleidenden weltweit. In der globalen Rangliste des WHI 2008 nimmt Indien mit 23,7 Punkten („sehr ernst“) die Position 66 von 88 klassifizierten Ländern ein. Hauptproblem in dem südasiatischen Land sind vor allem untergewichtige Kinder unter fünf Jahren wofür zum Großteil der schlechte Ernährungs- und Bildungsstatus der indischen Frauen verantwortlich ist. Mehr als 60 % aller indischen Kinder gehen abends hungrig ins Bett. Bei dem großen Angebot an Obst und Gemüse kaum zu glauben. Hier gibt es noch viel zu tun in Indien. In zwei Familien musste heute niemand hungrig ins Bett gehen und sollten die beiden weiterhin bei uns arbeiten, können sie sich trotz steigender Lebensmittelpreise zumindest immer das Essen leisten.
Genau vor zwei Monaten sind wir hier in Indien angekommen. Ein kurzes Fazit unserer „EinsteigerZeit“: es ist anders hier, wir erleben viele Dinge, die zum einen Spaß machen und zum anderen Nerven kosten. Unseren Alltag haben wir eigentlich sehr schnell in den Griff bekommen. Den Kindern gefällt es in der Schule/Kindergarten, wir haben schon viele Freunde kennengelernt. Die Ferne der Heimat lässt die Kontakte schneller entstehen. Mit unserem Fahrer und der Hilfe im Haus haben wir bis jetzt großes Glück gehabt. Hoffen wir die beiden bleiben auf diesem Level. Manchmal fühlt es sich an, als wenn wir hier schon ewig wohnen, dabei sind erst zwei Monate vergangen. Unsere Erwartungen haben sich bestätigt, nichts geht hier schnell, jeder Tag bringt neue Erkenntnisse, es hat sich gelohnt die Mühen auf sich zu nehmen. Wir sind gespannt, was sich in den nächsten Wochen so ergibt. Ab nächsten Dienstag steht der erste längere Ausflug auf dem Programm. Für 1 knappe Woche geht es nach Kerala (Süd-Osten). Dort wollen wir uns die Teeplantagen anschauen, eine Backwater-Tour auf dem Hausboot machen und ein paar Tage das Meer genießen.
Wenn es die Zeit erlaubt gehe ich auf Fotosafari. Hier ein kleiner Vorgeschmack; mehr Fotos im Bereich India auf www.ella-thoss.de