
Am vergangenen Mittwoch besuchte ich zusammen mit Imteaz und Sonia den Russell-Markt in Bangalore. Wir fuhren gleich am Morgen dorthin, denn um diese Zeit herrscht dort kein Gedränge. Schon vor dem Eingang war dennoch viel los, jede Menge Rikshas und Lieferanten, die säckeweise Waren in den Markt trugen. Der Russell-Markt ist der größte Umschlagplatz für Obst, Gemüse, Blumen und Fisch, Fleisch aber auch lebende Tiere und liegt direkt neben dem großen Einkaufsbereich Commercial Street.
Da ich zwei Begleiter dabei hatte brauchten wir keinen der Träger, die uns gleich am Eingang umlagerten. Für ca. 1 € tragen diese alle Einkäufe in einem großen Kopf auf dem Kopf zum Wagen zurück. Heute wollte Imteaz das machen und Sonia freute sich ebenfalls über den kleinen Ausflug.


Im Markt selbst gibt es viele kleine Stände, die eine unglaubliche Auswahl an Obst und Gemüse anbieten. Ein sehr farbenfrohes Bild und man weiß gar nicht, bei wem man zuerst einkaufen soll. Einmal an einem Stand lassen einen die Händler dann sowie so nicht wieder gehen, bis man nicht alle Taschen gefüllt hat. Sonia kaufte Unmengen an Gemüse und frischen Kräutern sowie Obst ein, welches wir dann aufteilen wollten. Allein hätte ich das in vier Wochen nicht aufessen können und die Familien der beiden würden sich hoffentlich darüber freuen. Auch die besonderen Kerala-Bananen fanden wir auf dem Markt, die Sonia mit einem süßen Teig in Kokosnussöl gebraten als Snack für die Kinder machen wollte. Die Marktstände sehen teilweise aus wie früher mit alten Waagen und Säcken, Holzverschlägen und einer atemberaubenden elektrischen Verkabelung.



Die nächste Station unserer Reise war der Fischmarkt, den wir durch einen Gang mit Blumenhändlern erreichten und etwas weiter in dem Schaffleisch verkauft wurde. Hier sah es ebenfalls sehr gewöhnungsbedürftig aus. Von Hygienevorschriften haben die Verkäufer bestimmt noch nichts gehört. Ich würde dort kein Fleisch kaufen, mir hat der Anblick schon gereicht, um vielleicht doch mal über eine vegetarische Ernährung nachzudenken.


Ein unglaublich strenger Fischgeruch wehte uns um die Nase, als wir den Fischmarkt erreichten. Einige Stände boten viele Sorten an Fisch und anderen Meerestieren an, die alle ohne Kühlung auf den Tresen und Tischen lagen. Schrimps wurden zum Teil gleich auf einer Plastiktüte direkt auf dem Fußboden gepult. Viele Fliegen schwirrten um die Fische herum und auch der Versuch die Fische mit kaltem Wasser frisch zu halten ist bei den Temperaturen zum Scheitern verurteilt. Imteaz kannte einen der Verkäufer und dort sollten sich die beiden einen Fisch kaufen. Es wurde ein großer ausgesucht, gewogen und gleich vor Ort küchenfertig zerlegt. Natürlich auf einem Holzblock mit einen uralten Messer, indisch stilecht eben. Ich musste dann ab und zu um die Ecke gehen, der Fischgeruch war einfach wahnsinnig intensiv.


Auf dem Weg zurück kamen wir dann an den Hühner- und Entenverkäufern vorbei. Diese werden lebend verkauft und auch so abtransportiert. Einer der Einkäufer verfrachtete gerade eine ganze Ladung Hühner an den Füßen zusammengebunden auf sein Mofa. Wahrscheinlich werden sie noch einige Zeit in einem engen kleinen Käfig irgendwo in der Stadt leben müssen, bevor sie als Drumstick oder Chicken Breast auf dem Teller landen. Tierschützer hätten hier viel Arbeit in Indien.
Aber wenigstens gibt es Essen und Fleisch können sich nur wenige leisten. Laut Wikipedia hat Indien trotz einer sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung mit mehr als 200 Millionen Menschen die meisten Hungerleidenden weltweit. In der globalen Rangliste des WHI 2008 nimmt Indien mit 23,7 Punkten („sehr ernst“) die Position 66 von 88 klassifizierten Ländern ein. Hauptproblem in dem südasiatischen Land sind vor allem untergewichtige Kinder unter fünf Jahren wofür zum Großteil der schlechte Ernährungs- und Bildungsstatus der indischen Frauen verantwortlich ist. Mehr als 60 % aller indischen Kinder gehen abends hungrig ins Bett. Bei dem großen Angebot an Obst und Gemüse kaum zu glauben. Hier gibt es noch viel zu tun in Indien. In zwei Familien musste heute niemand hungrig ins Bett gehen und sollten die beiden weiterhin bei uns arbeiten, können sie sich trotz steigender Lebensmittelpreise zumindest immer das Essen leisten.