Einmal Peking und zurück – unser LookSeeTrip

Metropole
Metropole Peking

Eine aufregende Woche liegt hinter uns, wir konnten einen ersten Eindruck unserer neuen Heimat Peking gewinnen. Nach 10 h Flug mit einem Zwischenstop in Singapore kamen wir mit einem Tag Verspätung am Montag in Peking an. Wir wurden direkt am Flugsteig von einer netten Dame des Hotels empfangen, die natürlich ganz begeistert von den beiden blonden Mädchen war. Allein der Flughafen vermittelt in seiner Dimension einen ersten Ausblick was uns hier in China erwarten wird. Die Schalter an der Immegration waren zum Glück besetzt, so das dieser Prozess sehr schnell erledigt war. Mit dem Taxi ging es ins Hotel, die kalten Temperaturen ließen uns die warmen Jacken schnell aus den Koffern auspacken.

Wintersachen
Kalt in Peking.

Die Kinder waren glücklich endlich einmal wieder Mütze, Handschuhe und Winterstiefel anziehen zu dürfen. Für Ella kauften wir noch eine lustige Mütze an einem der vielen Straßenständen. Mal sehen, wie lange diese Freude nachher in Peking anhält, wenn der Winter nicht enden will und wir die warmen Temperaturen hier aus Indien vermissen werden.

Vor uns lag eine Woche voll gepackt mit Terminen zu Schul-, Kindergarten- und Wohnungsbesichtigungen. Drei Tage lang fuhren wir kreuz und quer durch die Stadt und staunten über den dennoch fließenden Verkehr, die vielen Radwege und die Sauberkeit in der Stadt. Im Gegensatz zu Indien und speziell auch Bangalore ist Peking schon eine ganz andere Nummer. Man kann sich hier sogar auf der Straße unterhalten und ohne Probleme zu Fuß von A nach B laufen. Da wir direkt im Zentrum wohnten kamen wir auch in den Genuß die einige der unzähligen Restaurants der näheren Umgebung zu testen. Wir staunten nicht schlecht, das wir in einer Woche gleich 2 mal in einem deutschen Restaurant Speisen aus der Heimat genießen durften. Außerdem gab es einmal amerikanisch, italienisch und natürlich die lokale Küche.

Fatsfood
Fast food easy to order.
Shops
Kleine Shops überall.
Kiosk
Leider alle in chinesisch

Der Empfang in allen Schulen und dem Kindergarten war sehr freundlich und schnell war klar, das unsere Mädchen ihren eigenen Kopf und Meinung bezüglich der Auswahl haben. Als unsere Jüngste das viele Spielzeug im deutschen Kindergarten entdeckte, war uns klar, es würde sehr schwer werden sie zum Schulbesuch in der britischen Schule zu überreden. Da blieb uns keine Wahl mehr und sie wird dort noch eine Weile ihren Spieltrieb austoben können und ab August dann in eine Vorschule gehen. Charlotte entschied sich für die britische Schule, die uns auch sehr gut gefallen hat. Sie fühlte dort sich gleich wohl, denn alles erinnerte sie dort an ihre derzeitige Schule in Bangalore. Dafür ließ sie sogar die ebenfalls sehr gut ausgestattete Deutsche Schule mit Bistro (Brezeln zum Verkauf) und Schulshop sausen. Die Chance perfekt englisch zu lernen sollten wir ihr nicht nehmen und ab August bietet die britische Schule sogar einige Stunden Deutschunterricht pro Woche im Lehrplan an.

Baustelle
Die Qual der Wahl – Baustelle?
Garage
Oder lieber Blick auf die Tiefgarageneinfahrt?

Die Wohnungssuche gestaltete sich etwas schwierig. Da wir beschlossen haben direkt in der Stadt zu wohnen und nicht außerhalb konzentrierten wir uns auf die dort angebotenen Apartments. Meistens liegen die in Hochhauscomlpexen oder typischen Plattenbauvierteln, was uns sehr stark an die alten DDR Wohnsiedlungen erinnerte. In einer Woche etwas passendes zu finden ist fast unmöglich, die Mieten sind extrem teuer und die Agenten kennen das Budget der Mietsuchenden. Die Chance etwas günstiges und schönes zu finden ist gleich Null. Wir haben uns dann letztendlich für drei Favoriten entschieden, eine Wohnung liegt direkt im gleichen Wohnviertel wie der Kindergarten, was eine Busfahrt durch die Stadt für unsere Jüngste sparen würde. Dort gibt es auch einen netten Innenhof (mit Bäumen und Wiese) und einen tollen Spielplatz. Dafür ist die Aussicht nicht besonders prickelnd, aber ein paar Kompromisse muss man eingehen. Die Alternativen waren in dieser Hinsicht nicht besser: Blick auf eine Megabaustelle oder auf zwei nie fertig gestellte Rohbauten bei den anderen beiden Wohnungen.
In den nächsten Tagen wird sich entscheiden, welche der Wohnungen es wird.

Zurück in Indien startet jetzt erneut der Visaprozess für unsere Einreise im Januar. Auch die Umzugsfirma war bereits bei uns im Haus, um alle Sachen aufzunehmen, die mit nach Peking sollen. Das große Aussortieren werde ich bald beginnen, denn in die vier Luftfrachtkisten wird nicht alles reinpassen. Unsere Abschiedsparty ist für den 8. Dezember geplant und die Kinder haben ihren letzten Schultag am 14. Nur noch wenige Wochen bleiben uns hier. Gestern waren Freunde aus Baden-Württemberg zu Besuch und haben für die Kinder Adventskalender und Schoko-Nikoläuse mitgebracht. Da wird es dann leuchtende Augen geben, wenn diese präsentiert werden.

Die Spannung steigt mit jedem Tag!

Vor 10 Minuten haben die Visaanträge nun unsere Haus hier verlassen. Steffen fährt jetzt zu Poststelle, um diese per Expresskurier nach Mumbai schicken zu lassen. Unsere Flüge nach Peking sind für den 10. November gebucht. Es wird also sehr knapp und wir hoffen, das die Pässe mit den Visa rechtzeitig wieder zurück kommen. Außerdem werde ich morgen die neue Erfahrung machen dürfen ohne Pass nach Delhi zu fliegen. Ich habe zwar eine Kopie dabei und auch meine Aufenthaltsbescheinigung, bin mir aber sicher es wird trotzdem Diskussionen dort geben. Eigentlich kann man im Land auch ohne Pass reisen, allerdings muss bereits am Eingang zum Flughafen dieser dem bewaffneten Armeesoldaten zusammen mit einem Ausdruck vom Ticket vorgezeigt werden. Ansonsten erhält man keinen Eintritt ins Gebäude. Ich werde berichten!

Die Ereignisse überschlagen sich gerade etwas und wir waren die letzten Tage wirklich an unseren Grenzen, was Belastung angeht. Es ist einfach soviel in kürzester Zeit zu organisieren, da weiß man am Abend nicht mehr wo einem der Kopf steht. Morgen werden bereits erste Möblstücke von uns hier abgeholt, die jetzt die Reise nach Deutschland antreten. Da wir keine Möbel mit nach China nehmen dürfen haben wir uns einen privaten Transport zurück in die Heimat organisieren müssen. Irgendwann werden wir die guten Stücke dann in einer eigenen Wohnung in Deutschland aufstellen können. Bis dahin wird sich meine Mutter daran erfreuen und muss jetzt etwas ausmisten in ihrem Keller.

Die Visabeantragung hatte sich insgesamt gut zwei Wochen hingezogen, und das nur für ein Touristenvisum. Jeden Tag erhielten wir neue Informationen, welche Dokumente noch beigebracht werden müssen. Zwei Tage später waren diese auf einmal nicht mehr erforderlich. Am Ende hat die Inanspruchnahme einer extra beauftragten Visa-Firma nicht sehr viel geholfen, weil wir uns doch um alles selbst kümmern mussten.

Steffen durfte sich in dieser Woche auch der schönen Prozedur im Krankenhaus unterziehen, um die notwenigen Tests für sein Arbeitsvisum zu bekommen. Zusammen mit einem Kollegen seiner Firma ( der kann die lokale Sprache ) machten sie sich in das Bowring & Lady Curzon Hospital mitten in der Stadt auf. Ich kann nur die Erzählungen von Steffen wiedergeben, aber es war sehr abenteuerlich. Riesiges Gebäude, Unmengen an Leuten und keine Chance ohne einen der sich auskennt. Erste Station war der Arzt, der das Formular am Ende ausfüllen und abstempeln muss. Der schickte ihn als erstes zur Anmeldung, an der sich bereits eine große Menschtraube versammelt hatte. Typisch indisch wird sich natürlich nicht in der Reihe angestellt, sondern jeder teilt sein Anliegen dem Personal hinter dem Schalter mit. Egal ob die dann 10 Leute gleichzeitig bedienen soll. Dank des Kollegen ging es recht schnell, der drängelte einfach mit und es ging weiter. Der Arzt schickte Steffen dann zum Bluttest, den er zum Glück außerhalb in einem privaten Hospital machen durfte. Er meinte, in dem Blutabnahmeraum des staatlichen Krankenhauses wäre er definitiv nicht gegangen. Also ging es mit dem Auto ins andere KH, welches gleich um die Ecke lag. Dort war es sauber und es wurde Blut genommen. Die Testergebnisse sollten am nächsten Tag bereit liegen. Zurück im anderen KH musste er zum Röntgen (Ausschluß von Tuberkolose). Also erst an einen anderen Schalter, um dort den Röntgentest zu bezahlen, dann ins Röntgenzimmer. Die Schwester teilte ihm dann mit, dass die Röntgenplatten zur Aufnahme des Bildes gerade ausgegangen sind. Nachdem sich der Arzt in der Röntgenabteilung rückversicherte, durfte Steffen das Röntgen ebenfalls im anderen KH erledigen. Erneut ging es dort hin, das Röntgenbild sollte dann ebenfalls am nächsten Tag zur Abholung bereit liegen. Zum Schluß musste er zum EKG, natürlich im staatlichen Hospital und nicht ohne vorher an wieder einem anderen Schalter dafür zu bezahlen. Das Zimmer sah aus wie in einem guten Psychothriller. Ein kahles Metallbett mit einem fleckigen Tuch. Das Messgerät sah aus wie ein umgebauter elektrischer Stuhl mit riesigen Klammern und Dioden. Eine Schwester im Saree legte ihm diese dann an, vorher wurde die Haut mit einem Pinsel befeuchtet. Steffen hatte schon leichte Bedenken, als sie dann auch noch sagte, er solle blos nicht das Metallbett berühren, war er etwas nervös. Es ging aber alles gut und tatsächlich kam ein lesbares EKG heraus.

Am nächsten Tag konnte er die Berichte abholen und dem Arzt vorlegen, der daraufhin das Dokument ausfüllte. Sehstärke und Blutdruck wurden großzügig geschätzt, auch alle anderen Werte trug der Arzt einfach ein ohne weitere Untersuchungen. Falls ich und die Kinder ebenfalls zur Untersuchung müssen dürfen wir dann alle Test im privaten Krankenhaus machen und er wird das Formular ausfüllen und abstempeln. Wenigstens das!

Institut
Verlockende Namen für nichts als Ruinen.
Postcards
Meine eigenen Postkarten

Nach 3 Stunden im Printexpress Laden konnte ich endlich meine ersten beiden Exemplare der eigenen Postkarten in den Händen halten. Die Dame hat sich sehr viel Mühe gegeben und alle meine Designwünsche umgesetzt. Kurz vor dem Druck der großen Bestellung fiel dann leider die Printmaschine aus wegen technischer Probleme. Schade, jetzt muss ich noch ein paar Tage warten, bis ich alle Karten in Empfang nehmen kann.

Schutz
Ellas Idee

Nach über einem Jahr in Indien hat Ella jetzt endlich eine Idee, sich vor den lästigen Übergriffen der männlichen Inder zu schützen. Die wollen sie immer in die Wange kneifen, was sie gar nicht mag. Oft sind die so schnell, das ich nicht rechtzeitig reagieren kann. Auch wenn es für diese Leute Glück bringt, Kinder so anzufassen, ist es in meinen Augen unmöglich wenn sie fast nirgendwo ungestört herum laufen kann, ohne angefasst zu werden.

Chinese
Eine gute Vorbereitung für China.

Zu Halloween wurde schon einmal das Kostüm für nächstes Jahr geprobt. Unser Flüge nach Deutschland sind gebucht, wenn alles klappt geht es am 19.12. zurück in die Heimat.

Es geht mal wieder los

Seit dieser Woche ist es also offiziell im IBM-System, dass wir nach China umziehen. Jetzt läuft die ganze Maschinerie richtig an und es erwarten uns wieder jede Menge organisatorische Aufgaben. Zum Glück sind viele der Daten und Dokumente von uns bereits im System vorhanden, denn die mussten wir ja letztes Jahr alle schon einreichen. Aber auch für China wird es wieder jede Menge Papierkram geben neben anderen wichtigen Dingen, wie z.B. spezielle medizinische Checkups. So muss jeder, der länger als ein Jahr in China leben möchte einen aktuellen HIV-Test vorlegen, eine Röntgenaufnahme der Lunge und ein EKG. Ich bin gespannt, ob das auch für die Kinder gibt, aber wahrscheinlich wird es so kommen. Heute haben wir aktuelle Passfotos machen lassen, die für alle anstehenden Formalitäten wie z.B. Visa- und Schulanträge notwendig sind. Gibt es hier in Indien sehr günstig, da kosten dann z.B. 84 Stück nur etwas über 10 Euro. Der nächste Schritt wird jetzt die Planung unseres Look & See Trips nach Beijing sein. Wir versuchen diesen auf die Diwalizeit hier in Indien (12. bis 14. November) zu legen. Dann sind Schulferien und hier beginnt sowieso die Feuerwerksschlacht in der Stadt. Voriges Jahr sind wir in die Berge um Munnar geflüchtet, denn im Gegensatz zum deutschen Silvesterabend ist das hier Wahnsinn. Da wird eine Woche geböllert was geht und selbst hier im Wohngebiet gibt es viele fanatische Zündler, die einem die Nachtruhe erschweren. Mal sehen ob es klappt und wenn nicht haben wir dann gleich eine gute Vorbereitung für das kommende chinesische Neujahrsfest. Darüber habe ich auch schon nette Berichte gelesen, da geht es dann einen ganzen Monat rund. Die erste Literatur zur Einstimmung auf unser Abenteuer ist bereits auf dem Weg hierher. Dank der netten Arbeitskollegen klappt es immer mit einer druckfrischen Amazonlieferung.

Post
Post aus Deutschland

Aber auch die indische Post gibt sich Mühe. Es dauert zwar etwas länger als man gewohnt ist und der Zoll hat ebenfalls immer seine Finger mit im Spiel, dennoch scheint es mit der Snailmail von Deutschland aus zu funtkionieren. So kam die bereits lang ersehnte Mützenlieferung von Oma Dorli nach genau 17 Tagen hier bei uns an. Der Postbote kommt dann auch stilgerecht wie im Märchen mit Uniform und einem uralten Fahrrad beladen schwer mit Post. Nach einer zu leistenden Unterschrift über den Erhalt der wichtigen Sendung konnten wir die neuen Mützen gleich ausprobieren.

Kids
Neue Mützen braucht man in China!

Nicht genug der Aufregung in dieser Woche. Seit Donnerstag trieb hier in der Nachbarschaft eine Schlange ihr Unwesen. Einige der Nachbarn hatten das very long and dangerous looking snake bereits mehrfach gesichtet. Gerüchte, es sei eine Kobra machten ebenfalls die Runde. Am Freitag klingelte dann einer der Fahrer bei uns, die Schlange wäre gerade in unserem Vorgarten in den Büschen verschwunden. Genaues Nachschauen meinerseits führte zu nichts. Auch die herbeigerufenen Gärtner und die Security konnten das Reptil trotz intensiver Suche ausgerüstet mit einem langen Stock nirgends entdecken.

Suche
Schlangensuche in unserem Vorgarten
Zuschauer
Ella schaut aus sicherer Entfernung der Lagebesprechung zu.

Da die Schlange nicht gefunden wurde konnten wir erstmal nichts weiteres unternehmen außer Fenster und Türen geschlossen zu halten und ein Gartenbetretungsverbot für unsere Kinder aussprechen. Auch die Nachbarskinder, die gern unsere Schaukel benutzen wurden vorgewarnt. Die Inder hier sind jedenfalls alle sehr ängstlich und selbst Butter, unsere indische Katze scheint nicht auf Schlangensalat zu stehen. Sie wählte jetzt den Ausgang über unsere Dachterasse.
Heute morgen herrschte dann große Aufregung im Fahrerlager und die Erfolgsnachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die Schlange ist gefangen, vorerst in einer Außentoilette zwei Häuser weiter die Straße hoch. Wir also die Kamera geschnappt um das Exemplar in Augenschein zu nehmen. Eine Kobra war es dann wohl doch nicht und die Fahrer wußten ebenfalls nicht, was für ein Schlangentyp sich jetzt im Klo befindet. Steffen wollte das Tier sehen, also stellte sich einer der Fahrer zur Verfügung, um die Tür zu öffnen. Nicht ohne einen langen Stock in der Hand. Die anderen ängstlichen Fahrer brachten sich auf der Gartenmauer in Sicherheit. Nur unsere Familie stand mit Kamera und Kindern direkt vor dem Klo, wohlbemerkt einem sehr dreckigen indischem Klo. Die arme Schlange wahr vom Duft darin wohl schon ganz benebelt, sie bewegte sich sehr langsam, als wir die Tür aufmachten. Lang war sie aber wirklich. Wer sich den Anblick ersparen möchte, schließt kurz die Augen scrollt einfach ein bisschen weiter.

Schlange
Die Schlange im Klo gefangen.

Ein Schlangenfänger wurde gerufen und nach unserer Passfotoaktion war die Schlange bereits im Sack eingefangen. Das Einfangen hatten wir damit verpasst, aber ich bin sicher unser Fahrer kann uns am Montag die ganze Story erzählen. Ist bestimmt noch eine Woche lang Gesprächsthema hier. Der Fänger versprach diese sog. Ratsnake nicht zu töten sondern im Wald außerhalb wieder auszusetzen. Sie wäre wohl nicht giftig, allerdings sehr schnell, sie essen gern Squirrels und können bis zu 3 m lang werden. Jetzt wissen wir auch, warum in den letzten Tagen die Squirrels hier im Wohngebiet so heftige Alarmgeräusche von sich gegeben haben. Gute Schlangenvorwarner also.

Gefangewn
Gefangen im kleinen roten Stoffbeutel zieht der Schlangenfänger mit seiner Beute ab.

Endlich haben wir auch eine persönliche Schlangengeschichte aus Indien zu erzählen. :-)

Hilfe – indischer Wertstoffhof!

Center
Indischer Wertstoffhof in unserem Compound.

Nach knapp 14 Monaten hier in Indien holt uns der SCHRECKEN WERTSTOFFHOF wieder ein. Wie froh waren wir, das wir nicht mehr jeden zweiten Samstag zum geliebten Wertstoffhof in Altdorf fahren mussten, um dort in unzähligen Containern jeden Schnipsel Müll einzel abzugeben. Ich bin kein Feind des Recyclings, aber manchmal nervte es mich schon. Hier in Indien wird üblicherweise der Müll auf der Straße entsorgt und dort an Ort und Stelle verbrannt. Auch nicht die richtige Lösung, klar. Eine funktionierende Müllabfuhr gibt es nur für ausgewählten Wohngebieten. Der Müll wird dann dort abtransportiert und an vielen Stellen in der Stadt abgeladen, um dort von Leuten sortiert zu werden. Ich bedauere diese Menschen immer besonder sehr, wie die in diesem stinkendem Dreck waten und Plastik, Papier oder andere verwertbare Stoffe rausklauben, ohne Mundschutz, ohne Handschuhe. Einfach nur widerlich. Der Müll auf den Straßen wird ebenfalls von vielen sogenannten Müllsammlern durchsucht, die sich jeweils auf Papier oder Plastik spezialisiert haben. Mit übervoll beladenen Fahrrädern bringen sie die gesammelten Stoffe zu kleinen Buden, wo sie dafür ein paar Rupees erhalten. Rauchende Müllberge gehören hier eigentlich zum Alltag. Seit wir hier wohnen trennen wir unseren Müll. Plastik, Flaschen, Papier, Metall alles wurde zweimal die Woche zusammen in einer Tüte von den Müllfrauen hier im Compound direkt am Haus abgeholt. Für den Restmüll gab es ebenfalls eine Tonne.

Tafel
Infotafeln zieren das Stadtbild. Strafe für nicht ordnungsgemäßes Recycling: 100 Rs (1,50 €).

Seit dem 01. Oktober gilt nun ein striktes Recyclinggebot in der Stadt. Da sich die Bauern vom Lande den auf ihren Feldern entsorgten Stadtmüll nicht mehr gefallen ließen dachte sich die Regierung jetzt eine Mülltrennung aus. Vom Prinzip her sehr gut, endlich wird etwas gegen den Müllwahnsinn in der Stadt unternommen. Aber wer Indien kennt, weiß, dass diese Aktion wieder einmal ohne Plan und nicht richtig durchdacht ist. Eine Müllabfuhr gibt es weiterhin nicht. Müllverbrennungsanlagen sind keine vorhanden. Wo der gut sortierte Müll dann hinkommt? Keine Ahnung. Bei Strafe von 100 Rs muss jetzt alles getrennt werden. Dafür wurden bereits Tafeln aufgestellt und bei uns im Wohngebiet Zettel verteilt. Darauf wird erklärt, dass es praktisch keinen Restmüll mehr gibt. Alles muss getrennt werden, selbst der gebrauchte Kaffeefilter gilt als Papier, das nasse Küchenkrepp ebenfalls. Damenhygieneartikel müssen in Zeitungspapier gewickelt den Mülldamen überreicht werden! Sämtlicher Plastik, Tertapacks und Flaschen sollen gespült in die dafür bereitgestellten Tonnen entsorgt werden. Jeden Tag zwischen 08:30 und 09:30 wird dann der sog. Kitchenwaste (also Küchenabfälle) eingesammelt. Aber wehe es findet sich darin ein Krümelchen Papier oder Plastik. Für was es allerdings eine Biotonne und eine Küchenmülltonne gibt verstehe ich nicht. Wahrscheinlich bekommen die Kühe jetzt Trennkost, erst die Küchenabfälle und dann die Gartenabfälle. Ich kann mir nämlich nichts anderes vorstellen, als das dieser Müll an irgendeiner Stelle den Kühen zum Fressen hingeworfen wird. So hielten wir es nämlich bereits die letzten Monate, unsere Küchenabfälle nimmt meistens der Fahrer mit und gibt sie unterwegs einem hungrigen Tier.

Der Spaß fing dann heute an, als ich meinen 3 Tage alten Restmüll an die Damen vom Müllteam übergeben wollte. Darin befanden sich in Küchenkrepp eingewicktele Gemüsereste, Jogurtbecher (die Steffen auch gern mal in den Restmüll schmeiß, statt in den Plastik), Teebeutel, Essensreste, eben alles was sich in 3 Tagen so ansammelt in einem Haushalt. Den Zettel für die Mülltrennung hatten wir aber erst gestern erhalten. Keine Chance, den Müll nehmen wir nicht, das muss alles sortiert werden, meinte die Dame dann in einem Misch-Masch aus Englisch, Hindi und Handzeichen. Ich weigerte mich, diesen Dreck zu sortieren und ließ die Tüte erstmal vor dem Haus liegen. Ein weiteres Problem mit Küchenabfällen sind die vielen Ameisen und andere Krabbeltiere, die sich sofort über alles Essbare hermachen. Tüten mit Essensreste vor dem Haus zu lagern ist hier keine gute Idee, denn nicht nur Ameisen auch Ratten und Katzen sind schnell vor Ort. Unser Fahrer kam dann gegen später und schmunzelte über diese Story. Er meinte bei ihnen im Wohngebiet gibt es noch keine Mülltrennung. Also nimmt er die Tüte mit und entsorgt sie dort.

Heute haben wir uns dann drei große Tüten zum Trennen im Haus besorgt. Die bei uns im Wohngebiet waren natürlich bereits alle. Morgen wird dann Sonia in die hohe Kunst der Mülltrennung eingewiesen. Ich bin gespannt, wie lange sie hier im Wohngebiet und die Regierung durchhalten. Auf dem Weg zu unseren Freunden konnten wir uns dann wieder an den vielen Müllbergen entlang des Weges erfreuen. Es wäre bereits ein Fortschritt gewesen, eine normale Mülltrennung über die ganze Stadt zu organisieren und die Verbrennungsaktionen zu unterbinden. Jetzt mit punktuellen Wahnsinns-Recycling-Aktionen dem Müllproblem Herr zu werden erscheint mir wie ein guter Streich aus Schilda. Aber vielleicht gibt es dann demnächst wieder einen Streik. So wie letztens als über das Wasserproblem oder die gestiegenen Benzinpreise oder Erhöhung von Gehältern der Busfahrer gestreikt wurde.

Muellsammler
Auf dem Weg zum Papierhändler.
Feuer
Vor den Türen des Wohngebiets wird fleißig Müll verbrannt.
Muell
Müllberg Nr. 1
Muell_2
Müllberg Nr. 2
Muell_3
Müllberg Nr. 3
Muell_4
Müllberg Nr. 4