Wieder einmal zwei erschreckende Artikel zum Thema Kinderarbeit in Indien. Die Kinder, welche auf den vielen Baustellen im Land arbeiten, sind auch hier in Bangalore zu finden. Obwohl offiziell verboten sehe ich täglich Kleinstkinder zusammen mit ihren Eltern auf den Baustellen. Sie schleppen Steine, Sand oder helfen einfach wo sie gebraucht werden. Das weit verbreitete System das ganze Familien einen Neubau erstellen zieht die Kinder automatisch mit hinein. Direkt neben der Baustelle „hausen“ die Familien dann bis zur Fertigstellung des Baus in ärmlichsten Behausungen. Den Kindern bleibt meistens nichts anderes übrig als die Langeweile mit Spiel im Sand, Steinen oder Dreck zu bekämpfen oder eben mitzuarbeiten. Solange die Regierung in Indien diese Zustände nicht verbietet wird es wohl noch ewig weiter gehen und die Kinder keine Chance auf eine bessere Zukunft haben.
Kleines Mädchen an einer BaustelleEs bleibt nur das Spiel mit Steinen
Holi – darauf haben wir uns gleich zu Beginn unseres Indienabenteuer gefreut, das Fest der Farben und bunten Gesichter. Wir mussten 7 Monate warten, doch am Weltfrauentag (08. März) wurde endlich gefeiert in den Straßen von Bangalore und der Schulde unserer Kinder. Das Fest markiert den Frühlingsanfang hier in Indien, obwohl wir den diesjährigen Temperaturen nach schon im Hochsommer sind (32° im Schatten). Gefeiert wird immer am Vollmondtag des Monats Phalguna (Februar/März) und meistens zwei Tage, in manchen Regionen im Norden auch 10 Tage, lang. Es ist eigentlich ganz einfach an Holi mitzumachen. Alte Klamotten anziehen, wer richtig bunt werden möchte zieht weiße Sachen an, Farbpulver kaufen, Wasser bereithalten. Mit dem Farbpulver beschmiert man einfach die anderen Leute am ganzen Körper, auch die Haare werden oft eingepudert. Mit Wasser vermischt hält dann alles noch besser. Beliebt sind auch Wasserspritzpistolen in die Farbwasser gefüllt ist. Die gibt es zusammen mit dem Farbpulver eine Woche vor Holi in vielen Shops zu kaufen. Am Ende wird geduscht oder man lässt sich mit einem Eimer Wasser übergießen.
Es ist ein riesen Spaß für alle und die Menschen sind einfach zwei Tage lang fröhlich und ausgelassen. In vielen Straßen und Gegenden haben wir bunt geschmückte Menschen gesehen. Zum Fotografieren ist Holi natürlich ein absolutes Highlight. Das ohnehin schon bunte Indien ist an diesen Tagen einfach an Farben nicht zu toppen.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,820284,00.html
Es kann auch schlimm enden, besonders bei Verwendung von gesundheitsschädlichen Farben. In der Schule wurden Ökofarben benutzt, die trotzdem richtig toll bunt färbten, sich aber wieder gut auswaschen ließen.
Holi feiern alle gern3 Bunte auf dem Moped unterwegsSchön bunt geschmückt - Straßenkinder unterwegsFarbenverkauf an der StraßeVor der FarbenschlachtGut gerüstet für Holi - unsere JüngsteDer Startschuss ist gefallen. Der große run beginnt. Hier werden die Farben an die Kinder verteilt.Die ersten sind schon bunt. Die Farben rot orange und pink dominierten.Jetzt gibt es PinkEs wird langsam mehr im GesichtDie drei sehen schon richtig toll aus.Auch die Kindergartenkinder machen fleißig mit.Mich hat es auch erwischt.Lehrerin Miss BiancaDie Schlacht ist vorbei - alles sind bunt und happy.
Ein besonderes Erlebnis für die Augen (herrliche Farben und Fotomotive) für die Ohren (Hupen, Reden, Muuhhen, Lachen, …) und die Nase (Düfte aller Kategorien von Kuhdung bis Räucherstäbchen) sind die Märkte in Bangalore. Seit unserer Ankunft hier besuche ich regelmäßig die verschiedenen Märkte der Stadt. Zum einen, um frisches Obst und Gemüse einzukaufen oder andere „wichtige Dinge des Lebens“ oder um zu Fotografieren.
Es gibt sehr viele kleine Märkte über die ganze Stadt verteilt, die hauptsächlich Obst und Gemüse, aber auch Kräuter, Blumen und kleinere Haushaltswaren anbieten. Ein sehr schöner Markt ist der Russell-Markt, dort gibt es neben den genannten Dingen auch Fleisch und Fisch. Was ich dort allerdings der mangelnden Hygiene wegen nicht einkaufen würde. Leider hat es auf diesem Markt vor zwei Wochen einen großen Brand gegeben und die meisten der über 130 Shops wurden zerstört. Die Stadt ist gewillt den Markt mit seinem Gebäude wieder aufzubauen, aber es wird sicher einige Zeit ins Land gehen, bis dort wieder ein geregeltes Marktleben stattfinden wird. Ich werde mir demnächst selbst ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung machen und hoffe, dass die Händler eine andere Möglichkeit gefunden haben, den Lebensunterhalt für ihr Familien zu verdienen.
Der größte und auch chaotischste Markt der Stadt nennt sich Citymarket. Sehr indisch, sehr laut, sehr voll und trotzdem faszinierend schön. Den ersten Trip zu diesem Markt wagte ich zusammen mit unserem Besuch aus Deutschland. Nichts ahnend was uns erwartet fuhren wir mit Imteaz am Morgen zum Markt. Den Eingang markiert eine große grün-weiße Moschee, um die ein reges Treiben der Blumenhändlerinnen und Gläubigen herrscht. Mit Unmengen an anderen Besuchern auf Mopeds, in Rikschas oder zu Fuß unterwegs fuhren wir in die enge Eingangsstraße ins Parkhaus, welches unter dem Marktgebäude liegt. Wenn wir vorher gewusst hätten, was uns dort unten erwartet, wären wir wahrscheinlich oben ausgestiegen und hätten dort auf Imteaz gewartet. Ein Gestank wie im Kuhstall und auch die schwarzen Wände, die Müllberge und Autowracks vermittelten eher den Anschein einer Müllhalde als eines Parkhauses. Der Clou war dann am Ende noch die Gebühr, die wir fürs Parken bezahlen mussten. Schnell stürmten wir an die frische Luft und hofften unser Auto später heil dort wieder zu finden.
Der Citymarket ist eigentlich ein ganzer Stadtteil, der aus einem Marktgebäude und vielen umliegenden kleinen Straßen besteht. Entlang der Hauptstraße gibt es so viele Läden, ich könnte nicht schätzen wie viele es sind. Teilweise im Keller, manche im ersten Stock, die meisten liegen direkt an der Straße. In den Seitenstraßen finden sich weitere Läden, zwischendurch ein kleiner Tempel oder ein Stand mit Essen/Tee. Das eigentliche Marktgebäude beherbergt den Blumenmarkt, ein toller Ort um bunte Fotos zu machen. Bergeweise werden die durftenden Blumen in die große Halle gebracht. Dort werden sie zu langen Schlangen gebunden, die auf große flache Schalen aufgerollt werden. Gekauft wird dann je nach Wunsch ein halber Meter oder mehr. Für die Tempel, Festlichkeiten oder Todesfälle werden Blumengirlanden gebunden, die dort fertig gekauft werden können. Den besten Blick auf das Treiben dort hat man vom zweiten Stock der Halle aus, hier kann man unbeobachtet zuschauen oder fotografieren.
In der großen Halle finden sich noch einige andere Shops, hauptsächlich für Tempelwaren, wie z.B. Farben, Räucherstäbchen, Gewürze. Auch ein paar Werkzeugshops gibt es, die teilweise mittelalterlich anmutendes Werkzeug anbieten. Mehrere Ein- und Ausgänge führen ins Gebäude und selbst auf den Treppenstufen werden Waren feilgeboten. Die Halle ist schon sehr verfallen und auch die ganze elektrische Verkabelung sieht nicht besonders sicher aus.
Direkt an die Halle grenzt an einer Seite ein langer Schacht, in den sämtlicher Müll geworfen wird. Pflanzen- und Gemüsereste, Stroh, Plastik und was eben nicht mehr gebraucht wird, landet dort drin. Zwischen all dem Müll liegen und stehen Kühe, so zu sagen direkt an der Futterquelle. Der Gestank ist atemberaubend.
Citymarkt Treiben am frühen MorgenBlick von oben auf einen der vielen GewürzständeDie Kühe in der AbfallrinneTonnenweise Obst und Gemüse an jeder Ecke
Im Gewirr aus Straßen, Gängen und kleinen Passagen machten wir uns dann auf die Suche nach ein paar indischen Andenken und staunten über die Vielfalt der angebotenen Waren. Meistens gibt es ganze Ecken oder Straßenzüge, die alle z.B. Haushaltswaren, Metallwaren, Klamotten oder Silberschmuck verkaufen. Hier wird jeder fündig, der etwas bestimmtes sucht, auch wenn es manchmal etwas länger dauert und man sich nach dem Weg mehrmals erkundigen muss. Oft sind die Shops so klein, dass gerade noch der Verkäufer zwischen allen seinen Waren Platz findet. Der Kunde wird dann an der Theke zur Straße bedient. Schön anzusehen sind die vielen noch von Hand gemalten Ladenschilder, die manchmal auch kuriöse Werbung zeigen. Ein Shop verkauft z.B. „Nach Schwan duftendes Betelnusspuder an“ oder „Haustierseife“. Es gibt nichts, was es nicht gibt in Citymarket. Hat man einen schönen Laden entdeckt, sollte man sich unbedingt die Visitenkarte geben lassen oder die Adresse notieren, um ihn beim nächsten Besuch wieder zu finden.
Immer gern beliebt Samosa (gefüllte Teigtasche)Dicht gedrängt in einem der winzigen LädenEin Dosa-Stand mit hungrigen KundenFrischer Ingwer zum Spottpreis (1 kg für 30 cent)
Auf den Straßen tobt das Leben, zwischen Autos, Transportrikschas und von Menschen gezogenen Warenanhängern bieten Händler ihre Waren auf Fahrrädern, Schiebewägen oder einfach aus der Hand an. Jeder versucht sein Geschäft zu machen und zeigt man auch nur das kleinste Interesse an den Angeboten, kommt man ohne Tüte nicht mehr weg. An manchen Ständen gibt es Essen oder Getränke, wir probierten den erfrischenden und gar nicht so süßen Zuckerrohrsaft aus, der frisch gepresst wird. Die Dosa (ein Fladenbrot aus Reismehl) oder Samosastände haben wir gemieden. Bad belly wollten wir dann doch nicht riskieren.
Viele Fotos sind auf der Webseite ella-thoss.de zu sehen, dort gibt es eine ganze Serie von den Trägern, die den Markt ständig mit neuer Ware versorgen und so am Leben erhalten. Ich werde sicher wieder hingehen, allein schon wegen dem Flair.
Wikipedia: Shiva (‚Glückverheißender‘) ist einer der wichtigsten Götter des Hinduismus. Im Shivaismus gilt er den Gläubigen als die wichtigste Manifestation des Höchsten. Zusammen mit Shiva werden oft sein Reittier, Vahana, der Stier Nandi, seine Frau Parvati, seine Söhne Kartikeya bzw. Murugan (nord-/südindisch) oder Ganesha abgebildet. Die Dreiheit Shiva/Parvati/Ganesha gilt als göttliche Familie. Als Bestandteil der „hinduistischen Trinität“ (Trimurti) mit den drei Aspekten des Göttlichen als Brahma, der als Schöpfer gilt, und Vishnu, dem Bewahrer, verkörpert Shiva das Prinzip der Zerstörung. Außerhalb der Trinität verkörpert er aber alles, Schöpfung und Neubeginn ebenso wie Erhaltung und Zerstörung. Shiva ist unter vielen verschiedenen Namen bekannt; im Shiva-Purana sind 1008 Namen angeführt, die sich jeweils auf ein Attribut von Shiva beziehen.
Am 20. Februar feierte ganz Bangalore den Geburtstag von Shiva. Viele Tempel waren spezielle für diesen Tag dekoriert und hatten 24 h geöffnet. Um dem abendlichen Massenansturm zu entgehen, besuchten wir am frühen Morgen einen kleineren Tempel bei uns in der Nähe, um zu sehen, wie die Hindus diesen besonderen Tag im Tempel feiern. In Bangalore gibt es unzählige Tempel und jeder ist einem bestimmten Gott geweiht. Unser Fahrer Imteaz kannte einen Shivatempel, der nicht so weit entfernt lag und nicht sehr groß ist. Entsprechend „ruhig“ und gelassen ging es dort zu. Wir gesellten uns einfach unter die Leute und beobachteten das Treiben (genannt Puhja).
Der Ablauf dieser besonderen Puhja zu Ehren von Shiva zeige ich jetzt an Hand von Fotos:
1. Als erstes werden Blumen und andere Opfergaben, wie z.B. Kokosnuss, Kürbis, Milch, Räucherstäbchen, usw. eingekauft. Blumenkauf
2. In festliche Kleider gehüllt kommen die Menschen durch ein kleines Tor in den Tempel. Eingang
3. Die Menschen laufen das kurze Stück bis zum Eingang des Tempels. Auf dem Weg zum Tempel
4. Als nächstes kann man die Glocke läuten, um den Priester für eine Puhja zu rufen. Einige der Menschen taten dies auch und besonders den kleinen Tempelbesuchern machte es große Freude, die Glocke zu schlagen. Die Glocke
Kleiner Tempelbesucher an der Glocke
5. Die meisten Tempelbesucher bringen an solchen Tagen viele Opfergaben mit. Einige geben nur Geld, andere füllen die Schale vor dem Tempel mit Milch, bringen Blumen und Räucherstäbchen. Der Priester nimmt dann zum Beispiel die Blumen in Empfang und legt sie am Schrein Shivas ab. Kokosnüsse werden geöffnet und alles Essen wird ebenfalls vor der Gottheit abgelegt. Manche zünden auch Räucherstäbchen an. Opfergaben
Milch für den GottKokosnuss beliebte OpfergabeRäucherstäbchen anzündenRauchzeichen für Shiva mit angenehmen Duft
6. Anschließend tritt der Priester in Aktion. Nachdem die Opfergaben an ihn gereicht wurden und er ein Gebet zu Shiva gesprochen hat, kommt er mit dem Tempellicht heraus und geht an den Tempelbesuchern vorbei. Diese können dann auf die Schale ihr Geld legen und sich mit dem Rauch selbst weihen. Auftritt des Priesters
Priester in Aktion
7. Nach der Zeremonie nehmen sich die meisten Frauen ein bisschen Farbe aus den bereitstehenden Gefäßen und malen sich ein Bindi auf die Stirn.
Wikipedia: Ein Bindi ist ein mitten auf der Stirn zwischen den Augenbrauen aufgemalter Punkt oder ein an dieser Stelle aufgeklebter Schmuck, wo das energetische dritte Auge vermutet wird. Zunächst ist dieser traditionell rote Punkt das Zeichen der verheirateten Frau und soll nicht nur sie, sondern auch ihren Gatten schützen.
Heute werden Bindis in Indien von unverheirateten ebenso wie von verheirateten Frauen getragen, sogar von kleinen Kindern. Sie sind beliebter denn je. Während das Bindi früher anzeigte, ob eine Frau verheiratet ist oder nicht, ist das heute nicht mehr ausschließlich der Fall. Der Unterschied: Für verheiratete Hindufrauen ist ein Stirnpunkt obligatorisch, in Indien gehen sie niemals ohne ihn. Dabei ist es gleich, ob sie ihn klassisch rot und rund tragen, oder farbig ornamental als Sticker. Erst wenn sie Witwe werden, verzichten sie auf diesen Schmuck. Unverheiratete können ein Bindi tragen, er ist dann reine Dekoration oder ein Segenszeichen, ein Tika oder Tilaka. Selbst indische Musliminnen kleben sich heute oft diesen modischen Punkt auf, was noch vor einigen Jahren undenkbar gewesen wäre. Traditionelle Punkte werden mit roter Pulverfarbe aufgetragen, Sindur oder Kumkum. Heute sind wiederverwendbare, aufklebbare Schmuckbindis am weitesten verbreitet. Diese gibt es in allen Farben und in einer Vielzahl von ornamentalen Formen, zum Beispiel golden oder mit winzigen Kunstperlen oder -steinen besetzt.
Roter Punkt
8. Zum Abschluss wird der Tempel umrundet. Viele berühren auch die Mauern des Tempels und sprechen kurze Gebete. Rundgang
9. Wer Zeit mit in den Tempel bringt, betet ausführlich zu Shiva und verneigt sich tief vor der Gottheit. Tief versunken ins Gebet
Alte Frau im Gebet Tiefe Verneigung vor Shiva
10. Am Ausgang erhält jeder Besucher des Tempels das geweihte Wasser und ein paar kleine Blumen. Zum Shivafest wird in vielen Tempeln sogar extra Wasser aus dem Ganges nach Bangalore gebracht und verteilt. Das Wasser des Flusses gilt als heilig und muss nicht extra geweiht werden. Die Gläubigen Hindus trinken den kleinen Schluck Wasser, der ihnen direkt in die Hand geschüttet wird.
Tempelwasser am Ausgang
Danach verließen auch wir den Tempel und waren als Nichtgläubige beeindruckt mit welcher Hingabe hier Religion gelebt wird. Etwas kritisch sei angemerkt, das eine solche Hingabe in Sachen Müllbeseitigung ebenfalls wünschenswert wäre. Wenn sich alle so anstrengen würden wie beim Tempelbesuch wäre Bangalore innerhalb eines halben Jahres eine saubere Stadt. Bis dahin scheint es noch ein weiter Weg, denn die Milchtüten, die als Opfergaben mitgebracht wurden, landeten leer vor dem Tempel direkt im Straßengraben oder einfach an der nächsten Ecke.