Florales Zwiegespräch

Ich kann wieder ein Zwiegespräch mit mir führen und starre nicht so vollständig ins Leere. Nur auf diesem Wege gibt es für mich eine Besserung.

Franz Kafka

„Warum fotografierst du Blumen? Wolltest du doch eigentlich nicht mehr.“ Wurde sie gefragt. „Zu banal, zu einfach, zu wenige Emotionen in den Bildern waren deine Worte. Und jetzt wieder Tulpen, Gänseblümchen, Obstblüten und Gras! Warum, warum?“

„Banal sind sogar Menschen, oft sogar, immer mehr und Emotionen verstecken sie nur zu gerne. Alles wird gut! Kann ich nicht mehr hören. Sich nicht angreifbar machen ist die Maxime der Gegenwart.“ Antwortete sie. „Das leuchtende Gelb der Tulpen ist so kraftvoll, dass mein Herz mitstrahlen möchte. Sie zwingen einen geradezu einen freudigen Moment auf, bei ihrem Anblick. Ich ziehe Kraft aus der Natur, dem Duft, der Stille, dieser Präsenz, mit der sie sich jedes Frühjahr aufs Neue hervorkämpft aus den Tiefen der Erde und sich so prachtvoll entfaltet.“

„Jeder kann Blumen fotografieren. Es gibt tausende Abbildungen. Es braucht einfach keine neuen Fotos mehr von Blumen.“ wurde ihr entgegen gehalten.

„Fotos sind immer nur Momente, ein kurzes Flackern der Welt. Schon nach dem Auslösen sind sie zur Vergangenheit verdammt. Es gibt natürlich bedeutende Fotografien, die sich einem ins Hirn brennen. Und es gibt die leisen und unscheinbaren, nicht mehr und nicht weniger. Diese wollen nur erfreuen, beglücken, zufriedenstellen, erheitern und vielleicht ein wenig schön sein. Ohne Schönheit halte ich es nicht aus. Punkt.“

„Aber sie sind so stumm!“ raunte es zurück. „Die Menschen brauchen viel mehr Stille, als sie glauben. Auch das ausgiebige Schweigen könnte wieder öfter ausprobiert werden. Ein Vorteil in der Natur, Pflanzen schweigen quasi beruflich. Ich kann ihnen meine Sorgen und Nöte oder meine Freude und Begeisterung zuflüstern, sie hören geduldig zu und verurteilen nicht. Eine kleine Einkehr nach Innen tut so gut. Körper und Geist finden zusammen und es stellt sich eine Zufriedenheit ein, die alles andere für einige Momente vergessen lässt.“

„Niemand wird sie finden, deine schönen Fotos!“ hallte es ihr entgegen.

„Das ist nicht wichtig. Es gibt unzählige Bücher, Gedichte, Filme, Lieder, Gemälde … die niemand zu sehen, zu lesen, zu hören bekommt. Sie bleiben verborgende Schätze und sind doch in der Welt. Genügen allein dem Vergnügen des Erschaffenden. Ohne Anspruch auf Gewinn. Und wer sie entdeckt und zu schätzen weiß, der hat den Jackpot gewonnen.

Der Sinn der Kunst ist nicht, zu erklären, oder erklärt zu werden, auch nicht, jedermann zu gefallen. Der Sinn der Kunst, so sie denn einen hat, ist doch das Zwiegespräch, die sie auslösen kann, das Finden oder Abgrenzen innerhalb einer Diskussion.

Melanie P. Knecht

„Ganz ehrlich, ich mag ihn, deinen Blick auf die Welt. Mach einfach weiter.“