„Wenn Schneeweißchen sagte: „Wir wollen uns nicht verlassen,“ so antwortete Rosenrot: „Solange wir leben, nicht.“ Und die Mutter setzte hinzu: „Was das eine hat, soll`s mit dem andern teilen.““ Grimms Märchen
Ihre Heimat war der Wald. Sie lebte ihn. Spürte seine Kälte am Morgen und am Abend. Wärmte sich an den vereinzelten Sonnenstrahlen, die durch das dichte Blattwerk den Boden erreichten. Sog mit jedem Atemzug dessen Duft tief ein. Streife die Bäume, Gräser und das sanfte Moos um sich herum.
„Oft liefen sie im Walde allein umher und sammelten rote Beeren, aber kein Tier tat ihnen etwas zuleid, sondern sie kamen vertraulich herbei: das Häschen fraß ein Kohlblatt aus ihren Händen, das Reh graste an ihrer Seite, der Hirsch sprang ganz lustig vorbei, und die Vögel blieben auf den Ästen sitzen und sangen, was sie nur wußten. Kein Unfall traf sie – wenn sie sich im Walde verspätet hatten und die Nacht sie überfiel, so legten sie sich nebeneinander auf das Moos und schliefen.“ Grimms Märchen
Im Wald konnte sie spielen, träumen … Gedanken verlieren … Stille genießen, sich berauschen an der Schönheit der Elemente. Den Wind spüren und das Kitzeln des Grases an ihren Füßen.
Und wieder pocht das zweite Herz in ihr. Sie kann dieser Sehnsucht nach „ihr“ nicht widerstehen. Wird magisch angezogen, von dem Gedanken sich zu verwandeln und „ihr“ Ich zu leben. Rosenrot tot oder lebendig?
„Die Abendsonne schien auf die glänzenden Steine und ließ sie so prächtig in allen Farben schimmern und leuchten, daß die Kinder stehen blieben und sie betrachteten.“ Grimms Märchen
Verwandelt erschien alles in einem anderen Licht. Böse? Heimtückisch? Kraftvoll? Gemein? Wie wollte sie sein? Alles was sie liebte war zu eng, der Wald, die Bäume, die Stille … Sehnsucht nach dem Entkommen rauschte in ihren Adern.
Auf Messers Schneide zwischen Weiß & Rot, Sanftmut & Herrschaft, Brav & Ungehorsam. Keine ist wie Eine – Rollenwechsel – Rausch am Tausch.
Und wenn sie nicht gestorben ist … folgt die Fortsetzung … bald.
„Weiß als die wahre, wirkliche Idee der Unendlichkeit und folglich befreit vom Farbhintergrund des Himmels … Schwebt hinaus! Der weiße, freie Abgrund, die Unendlichkeit, liegt vor uns …“ – Kasimir Malewitsch
Rose weiß, Rose rot,
was wird aus mir und dir?
Ich glaube gar, es fiele Schnee,
dein Herz ist nicht bei mir,
nicht bei mir, geht andern Gang,
falsches Lied der Vogel sang
von mir und dir.
Hermann Löns (1866 – 1914)
Danke Samara für deine mir geschenkte Zeit auf der gemütlichen Lichtung.